Grußwort des Apostolischen Nuntius beim Empfang zum sechsten Jahrestag der Wahl Seiner Heiligkeit Papst Franziskus zum Nachfolger Petri

Apostolische Nuntiatur, 19. März 2019

Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Brüder und Schwestern!

„Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung! Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet; wer aber nicht glaubt, wird verurteilt werden“ (Mk 16,15-16).

Mit diesen Worten hatte der auferstandene Herr Jesus vor seiner Himmelfahrt den Aposteln die Mission anvertraut, allen das Evangelium zu verkünden. Die Apostel und ihre Nachfolger nahmen dieses Gebot sehr ernst und begannen, die gute Nachricht überall auf der Welt den Menschen ihrer Zeit bekannt zu machen. Diese Evangelisierung dauert ununterbrochen über die fast 2.000 Jahre des Christentums fort. Der Heilige Stuhl, das Zentrum der Katholischen Kirche, gab bei der Evangelisierung unseres Planeten stets einen besonderen Impuls. In diesen Kontext fügen sich sehr gut die Apostolischen Reisen des Bischofs von Rom ein, welcher der Nachfolger des ersten Papstes, des Heiligen Petrus ist. In der jüngeren Geschichte haben die Päpste seit dem Heiligen Papst Paul VI. zahlreiche Reisen in die verschiedenen Teile der Erde unternommen.

Auch der Heilige Vater Franziskus, der 266. Bischof von Rom, ist ein Pilger des Evangeliums. Während der sechs Jahre seines Pontifikates hat er 40 Länder auf vier Kontinenten besucht:

Afrika (4): Kenia, Uganda, die Zentralafrikanische Republik (25.-30. November 2015) und Ägypten (28.-29. April 2017).
Amerika (11): Brasilien (22.-29. Juli 2013; Kuba und die Vereinigten Staaten von Amerika (19.-28. September 2015); Ecuador, Bolivien und Paraguay (2.-13. Juli 2015); Mexiko (12.-18. Februar 2016); Kolumbien (6.-11. September 2017); Chile und Peru (15.-22. Januar 2018); Panama (23.-28. Januar 2019).

Asien (12): Türkei (28.-30. November 2014); Korea (13.-18. August 2014); Israel, Jordanien und Palästina (24.-26. Mai 2014); Sri Lanka und die Philippinen (12.-19. Januar 2015); Georgien und Aserbaidschan (30. September-02. Oktober 2016); Armenien (24.-26. Juni 2016); Myanmar und Bangladesch (26. November-02. Dezember 2017); Vereinigte Arabische Emirate (3.-5. Februar 2019).

Europa (12): Europaparlament und Europarat in Frankreich (Straßburg am 25. November 2014); Albanien (21. September 2014); Bosnien und Herzegowina (Sarajewo am 6. Juni 2015); Schweden (31. Oktober-01. November 2016); Polen (27.-31. Juli 2016); Griechenland (Insel Lesbos am 16. April 2016); Portugal (Fatima vom 12.-13. Mai 2017); Litauen, Lettland und Estland (22.-25. September 2018); Irland (Dublin vom 25.-26. August 2018); Schweiz (Genf am 21. Juni 2018).
In Kürze wird der Heilige Vater Marokko besuchen (30.-31. März 2019) und später dann Bulgarien und Nordmazedonien (5.-7. Mai 2019). Somit beträgt die Anzahl der Apostolischen Reisen außerhalb Italiens 43. Papst Franziskus hat noch kein Land auf dem fünften Kontinent von Australien-Ozeanien besucht.

Mit Blick auf die besuchten Orte lassen sich leicht fünf Kategorien von Ländern und Institutionen ausmachen:

1. Die Besuche bei den Teilkirchen, vor allem bei denen, die sich nach menschlichen Maßstäben am Rande befinden, sei es von der Entfernung, der Größe oder der Bedeutung her.

2. Große kirchliche Ereignisse wie die Weltjugendtage in Polen oder Panama; der Welttag der Familie in Irland.

3. Ökumenische Begegnungen:

- mit den Orthodoxen Kirchen: bei den zahlreichen Begegnungen
genügt es, an jene mit den Oberhäuptern der Kirchen und christlichen Gemeinschaften des Mittleren Ostens zu erinnern, die am 7. Juli 2018 in Bari stattfand und ganz im Zeichen des Gebetes um Frieden für die verfolgten Christen stand.

- bei den Beziehungen mit den kirchlichen Gemeinschaften der
Reformation ist auf die ökumenische Begegnung im schwedischen Lund hinzuweisen, insbesondere auf die Erklärung aus Anlass des gemeinsamen katholisch-lutherischen Reformationsgedenkens am 31. Oktober 2016. Wichtig war auch, daß Papst Franziskus beim 70. Jahrestag der Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf am 21. Juni 2018 anwesend war.

4. Begegnungen mit Vertretern der nichtchristlichen Religionen, besonders mit Verantwortlichen der muslimischen Gemeinschaften.

5. Internationale Organisationen: Die Vereinten Nationen, die Welternährungsorganisation FAO, der Europarat und das Europäische Parlament.

Die genannten Kategorien zeigen außerdem die Prioritäten im Pontifikat von Papst Franziskus. Es sind:

1. Die Evangelisierung der Welt, besonders der besuchten Länder, angefangen bei den lebendigen Kräften der Jugend und Familien, den beiden fundamentalen Säulen der Gegenwart und Zukunft von Kirche und Gesellschaft.

2. Die humanitäre Förderung, vor allem Sicherung und Schutz der Armen, der Migranten und, ganz allgemein, der Erde, „unserem gemeinsamen Haus“ (vgl. Enzyklika Laudato si‘).

3. Der ökumenische Dialog mit besonderer Berücksichtigung der Orthodoxen Kirchen und den kirchlichen Gemeinschaften, die aus der Reformation erwachsen sind.

4. Der interreligiöse Dialog, wo die Bedeutung der gemeinsamen Erklärung Die Brüderlichkeit aller Menschen. Für ein friedliches Zusammenleben in der Welt zu unterstreichen ist, die Papst Franziskus und der Großimam Ahmad Al-Tayyeb am

4. Februar 2019 in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate in Abu Dhabi unterschrieben haben.

5. Die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene zur Förderung des Friedens in der Welt, für eine ganzheitliche Entwicklung der menschlichen Person im Kontext der Globalisierung und nicht zugunsten des Profits oder von Einzelinteressen, sondern um der Solidarität und der Gerechtigkeit willen.

In diesem Zusammenhang ist es bedeutsam, wenn Papst Franziskus und der Großimam Al-Tayyeb im erwähnten Dokument zum Ausdruck bringen: „Wir – die wir an Gott und an die endgültige Begegnung mit ihm und an sein Gericht glauben – verlangen ausgehend von unserer religiösen und moralischen Verantwortung mit diesem Dokument von uns selbst und den leitenden Persönlichkeiten in der Welt, von den Architekten der internationalen Politik und der globalen Wirtschaft, ein ernsthaftes Engagement zur Verbreitung einer Kultur der Toleranz, des Zusammenlebens und des Friedens; ein schnellstmögliches Eingreifen, um das Vergießen von unschuldigem Blut zu stoppen und Kriegen, Konflikten, Umweltzerstörung und dem kulturellen und moralischen Niedergang, den die Welt derzeit erlebt, ein Ende zu setzen“.

Damit sich diese drängende Forderung der beiden Unterzeichner erfüllt, rufen sie „die Intellektuellen, die Philosophen, die Vertreter der Religionen, die Künstler, die Medienleute und die Kulturschaffenden in der ganzen Welt auf, die Werte des Friedens, der Gerechtigkeit, des Guten, der Schönheit, der menschlichen Brüderlichkeit und des gemeinsamen Zusammenlebens wiederzuentdecken, um die Bedeutung dieser Werte als Rettungsanker für alle deutlich zu machen und sie möglichst überall zu verbreiten“.

Exzellenzen, meine sehr verehrten Damen und Herren, nehmen wir diese Einladung an, die sich an alle Menschen guten Willens richtet, vor allem an die Mitglieder der beiden großen monotheistischen Religionen von Muslimen und Christen, die zusammen die Mehrheit der Weltbevölkerung bilden.

Inzwischen danken wir dem dreieinen Gott für das Geschenk, das er der Kirche und der Gesellschaft in der Person von Papst Franziskus, dem Bischof von Rom und Hirten der Universalkirche, gemacht hat. Beten wir für seine wichtige Mission in Kirche und Welt, insbesondere für seine Initiativen für den Frieden und die Gerechtigkeit, den Dialog, die Toleranz, mehr noch für die Religionsfreiheit, damit sie immer stärkere Annahme zum Wohl nicht nur einzelner Länder, sondern der ganzen Welt finden mögen. Mit Blick auf die Katholische Kirche wünschen wir aus tiefstem Herzen, daß die Anstrengungen des Römischen Pontifex zu einer neuen Dynamik der Evangelisierung in Glaube, Hoffnung und Liebe führen. Der Optimismus der Kirche gründet sich letztlich nicht auf menschliche Stärke, Strukturen oder Methoden, sondern auf der Gegenwart des Herrn Jesus inmitten seiner Kirche, der er verheißen hat: „Siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20).

 

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