Grußwort von Nuntius Eterovic beim Empfang zum 10. Jahrestag der Wahl Seiner Heiligkeit Papst Franziskus
Apostolische Nuntiatur, 14. März 2023
Exzellenzen,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Brüder und Schwestern!
„Friede sei mit euch“ (Joh 20,19).
Am Sonntagabend, dem Tag seiner Auferstehung, erscheint der Herr Jesus seinen Jüngern, die sich voller Angst im Abendmahlssaal in Jerusalem eingeschlossen hatten, und sagt: „Friede sei mit euch“ (Joh 20,19). Um ihnen zu versichern, dass er es selbst sei, den sie während der drei Jahre seines öffentlichen Lebens gekannt und begleitet hatten, zeigte Jesus „ihnen seine Hände und seine Seite“ (Joh 20,20). Darauf folgt die große Freude, jenen lebendig zu sehen, der gekreuzigt, gestorben und begraben worden war. Der auferstandene Herr bekräftigt erneut die große Gabe des Friedens, indem er wiederholt: „Friede sei mit euch“ (Joh 20,21) und diese Friedensgabe mit zwei Weisungen verbindet. Zunächst jene, den Frieden allen Menschen guten Willens zu verkünden: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch“ (Joh 20,21). Die zweite Weisung betrifft die Herzen der Apostel und der Gläubigen. Um Friedensboten sein zu können, müssen sie mit Gott und sich selbst im Frieden sein. Hierzu setzt der auferstandene Herr das Sakrament der Versöhnung ein, indem er über die Apostel den Heiligen Geist haucht und sagt: „Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten“ (Joh 20,22-23).
Auf diese Weise erfüllt Jesus Christus die Verheißung, die er den Zwölf vor seinem Tod und seiner Auferstehung gegeben hat: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch“ (Joh 14,27).
Der Friede ist somit eng mit der Botschaft des Evangeliums verbunden. Der Völkerapostel Paulus ermahnt die Christen, „das Evangelium des Friedens“ (Eph 6,15) zu verkünden. Der Friede der von Hass und Vergeltung befreiten Herzen, die im Bußsakrament gereinigt wurden, soll in dem Umfeld verbreitet werden, wo der versöhnte Mensch lebt und arbeitet, in der Familie und in der Gemeinschaft, um sich so auf die ganze Gesellschaft auszudehnen.
Wie seine Vorgänger, so erfüllt auch Papst Franziskus seit seiner Wahl zum 266. Bischof von Rom am 13. März 2013 unermüdlich diese wichtige Aufgabe der Verkündigung des Frieden an die Nahen und die Fernen. So danken wir Gott für die zehn Jahre seines fruchtbaren Pontifikates und erbitten die Fülle des göttlichen Segens zu Beginn des elften Jahres seines Dienstes als Hirte der Universalkirche.
Angesichts von überwiegend regionalen Ausbrüchen von Gewalt und Krieg hat Papst Franziskus zu Beginn seines Pontifikates voller Sorge vom Dritten Weltkrieg in Teilen gesprochen. Erstmals hat er diesen Ausdruck am 18. August 2014 im Gespräch mit Journalisten im Flugzeug während des Rückfluges von Südkorea nach Rom gebraucht. Im Laufe der Jahre wurde diese Bezeichnung leider mehr und mehr aktuell, besonders mit dem 24. Februar 2022, als die Russische Föderation Ukraine überfallen hat und nicht nur das Internationale Recht in die Krise stürzte.
Papst Franziskus – Verkündiger des Evangeliums vom Frieden
Um Kriegs- und Gewaltsituationen beenden zu helfen, verkündet Papst Franziskus unaufhörlich das Evangelium des Friedens. Er tut dies auf unterschiedliche Weise, angefangen mit seinen Schriften. In seinem programmatischen Dokument Evangelii gaudium vom 24. November 2013 hat er geschrieben: „Die Kirche verkündet »das Evangelium vom Frieden« (Eph 6,15) und ist für die Zusammenarbeit mit allen nationalen und internationalen Autoritäten offen, um für dieses so große universale Gut Sorge zu tragen“ (EG 239). Er verbreitet diese Botschaft auch bei seinen Reisen, wobei er in den letzten zehn Jahren bei 40 Auslandsreisen 58 Länder besucht hat. Hinzu kommen die zahlreichen persönlichen Begegnungen oder mit Gruppen, seine Predigten, Ansprachen und Botschaften. Hierbei sind jene Botschaften besonders zu erwähnen, die der Papst zu Beginn eines jeden neuen Jahres nicht allein an die Christen richtet, sondern auch an die politisch Verantwortlichen und alle, die zur Förderung des Friedens beitragen können. Es genügt, die Titel dieser Botschaften zu erwähnen, die Papst Franziskus schon zehnmal auf den Weg brachte: „Brüderlichkeit, Fundament und Weg des Friedens“ (2014); „Nicht mehr Knechte, sondern Brüder“ (2015); „Überwinde die Gleichgültigkeit und gewinne den Frieden“ (2016); „Gewaltfreiheit: Stil einer Politik für den Frieden“ (2017); „Migranten und Flüchtlinge: Menschen auf der Suche nach Frieden“ (2018); „Gute Politik steht im Dienst des Friedens“ (2019); „Der Frieden als Weg der Hoffnung – Dialog, Versöhnung und ökologische Umkehr“ (2020); „Die Kultur der Achtsamkeit als Weg zum Frieden“ (2021); „Dialog zwischen den Generationen, Erziehung und Arbeit: Werkzeuge, um einen dauerhaften Frieden aufzubauen“ (2022); „Niemand kann sich allein retten. Nach Covid-19 neu beginnen, um gemeinsam Wege des Friedens zu erkunden“ (2023). Jedes dieser Themen ist ein kleiner Stein im großen Mosaik und Teil des großen Prozesses zum Frieden in unserer Welt, wozu jeder nach seiner Berufung und seinen Möglichkeiten aufgerufen ist.
Vermittlungsbemühungen des Heiligen Stuhls
Der Heilige Stuhl hat als Vermittler zwischen Staaten oder im Inneren von Ländern große Erfahrung, sofern die Konfliktparteien den Heiligen Vater und den Heiligen Stuhl ausdrücklich um diese Vermittlung ersuchen und es die Möglichkeit gibt, das beide Seiten das Ergebnis einer Mediation annehmen.
Papst Franziskus hat die Vermittlung des Heiligen Stuhls in folgenden Fällen angeboten:
Er hat zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Kuba vermittelt, um die unterbrochenen Beziehungen dieser beiden Staaten zu normalisieren. Im Jahr 2014 hat der Papast einen persönlichen Brief an die Präsidenten Barack Obama und Raul Castro geschrieben, „dem die Unterzeichnung von Vereinbarungen im Vatikan folgte, die den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen ermöglichte. Es war ein Weg, der im Dezember 2014 zur Überwindung des langen Konflikts zwischen den beiden Ländern, der 1959 begann, und damit zur Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen im Juli 2015 führte.
Der Heilige Stuhl hat eine nicht unbedeutende Rolle in der Vermittlung bei verschiedenen politischen und militärischen Fraktionen in unterschiedlichen Ländern gespielt. So hat Papst Franziskus mit ganzer Kraft den Friedensprozess in Kolumbien zwischen der Regierung und den FARC-EP (Fuerzas Armadas Revolutionarias de Colombia – Ejército del Pueblo) unterstützt. Staatssekretär Pietro Kardinal Parolin war als Delegat von Papst Franziskus bei der Unterzeichnung des Schlussdokumentes am 27. September 2016 anwesend. Mit seiner Apostolischen Reise nach Kolumbien vom 6. bis 11. September 2017 wollte der Heilige Vater alle Verantwortlichen ermutigen, angesichts der Schwierigkeiten nicht aufzugeben, sondern auf dem Weg zu einer friedlichen Lösung der seit vielen Jahren dauernden Gewalt zu bleiben.
In Südamerika haben sich die Vertreter des Heiligen Stuhls um Dialogprozesse in Venezuela und Nicaragua bemüht, doch führten diese Bemühungen vor allem wegen der mangelnden Bereitschaft auf Seiten der Regierungen noch nicht zu dem erhofften Ergebnis.
Auf dem afrikanischen Kontinent haben Papst Franziskus und der Heilige Stuhl den Friedensprozess in Mosambik unterstützt. Der Heilige Vater hat dieses Land vom 4. bis 6. September 2019 besucht. Bei dieser Gelegenheit hat er auch das Allgemeine Friedensabkommen erwähnt, das 1992 am Sitz der Gemeinschaft Sant’Egidio in Rom unterzeichnet worden war und ein Meilenstein im langen Friedensprozess in Mosambik ist. Zugleich hat er Gott darum gebeten, sein Besuch in Gemeinschaft mit den bischöflichen Mitbrüdern und der pilgernden katholischen Kirche in Mosambik „dazu beitragen kann, dass der Frieden, die Versöhnung und die Hoffnung endgültig unter Ihnen walten“ (Begegnung mit den Vertretern der Regierung, der Zivilgesellschaft und dem Diplomatischen Korps, Maputo, 5. September 2019).
Der Heilige Vater engagiert sich für den Frieden in der Zentralafrikanischen Republik. Ungeachtet der unsicheren Lage im Land unter Sicherheitsaspekten er am 29. und 30. November 2015 die Hauptstadt Bangui besucht, um alle Parteien zu ermutigen, den Frieden zu suchen und sich für das Gemeinwohl einzusetzen.
Besonderes Augenmerk legt der Heilige Stuhl auf die Republik Südsudan und die Suche nach Frieden in diesem Land, das seine Unabhängigkeit am 9. Juli 2011 erlangt hatte, jedoch schon seit 2013 unter einem ethnischen Konflikt leidet. Papst Franziskus hat zugunsten der Friedenbemühungen die politischen Führer zu zwei Besinnungstagen in den Vatikan eingeladen und darum gebeten, die Probleme zu lösen und einen Friedensprozess einzuleiten. Dank des Einsatzes der Gemeinschaft Sant’Egidio konnte am 14. Januar 2020 ein Abkommen aller politischer Fraktionen des Süd-Sudan geschlossen werden. Um den Friedensprozess zu stärken, hat der Heilige Vater erst kürzlich Giuba, die Hauptstadt von Südsudan besucht. Er tat dies gemeinsam mit dem Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, und dem Moderator der Kirche von Schottland, Iain Greenshields, im Rahmen einer ökumenischen Pilgerreise des Frieden. An die Adresse der Verantwortlichen der Nation sagte er: „Wir möchten von ganzem Herzen unser Gebet und unsere Unterstützung anbieten, damit der Südsudan sich versöhnt und seinen Kurs ändert, sodass sein Lebensstrom nicht länger von Gewalt überschwemmt, von Sümpfen der Korruption behindert und durch eine Flut von Armut zunichtegemacht wird. Möge der Herr des Himmels, der dieses Land liebt, ihm eine neue Zeit des Friedens und des Wohlstands schenken: Gott segne die Republik Südsudan“ (Begegnung mit den Vertreter der Regierung, der Zivilgesellschaft und mit dem Diplomatischen Korps, Giuba, 3. Februar 2023).
Der Frieden in der Welt hat Priorität für die Katholische Kirche und den Heiligen Stuhl, der sie auf internationaler Ebene repräsentiert, wie die erwähnten Beispiele belegen. Sie zeigen, dass der Heilige Stuhl bereit sich, seine Dienste bei Vermittlungen auch in anderen Konflikten zwischen Staaten oder innerhalb eines Landes anzubieten. Das gilt auch angesichts der Tragödie des Krieges in Ukraine. Papst Franziskus und seine engsten Mitarbeiter haben wiederholt versichert, der Heilige Stuhl stehe bereit, zwischen Ukraine und der Russischen Föderation zu vermitteln, sofern dies beide Seiten ernsthaft wünschen und sie bereit dazu sind, sich für einen gerechten und dauerhaften Frieden einzusetzen.
Exzellenzen, liebe Freunde, ich danke Ihnen, dass Sie zu diesem Empfang zu Ehren des Heiligen Vaters Franziskus gekommen. Gleichzeitig ermuntere ich Sie alle, jeder möge sich nach seinen Möglichkeiten und gemäß der je eigenen Verantwortung für die Förderung des Friedens auf allen Ebenen einsetzen. Bei dieser Gelegenheit des zehnten Jahrestages der Wahl von Papst Franziskus danken wir dem dreieinen Gott für das Geschenk, das er der Kirche und der Gesellschaft in Gestalt seiner Person gemacht hat. Zugleich bitten wir Ihn, Er möge ihm immer wieder neue Kraft schenken, damit er seine wichtige Mission für den Frieden in Kirche und Welt fortführen kann.
Erheben Sie mit mir Ihr Glas und trinken wir auf das Wohl von Papst Franziskus: ad multos annos.
Und so freue ich mich sagen zu dürfen: das Buffet ist eröffnet!