Predigt von Nuntius Eterovic am 14. Sonntag im Jahreskreis

Berlin, 8. Juli 2018

(Ex 2,2-5; Ps 123; 2 Kor 12,7-10; Mk 6,1-6)

„Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie“ (Mk 6,4).

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Mit diesen Worten hat Jesus Christus Verwunderung und Unmut angesichts der negativen Reaktion zu seinem öffentlichen Wirken bei den Bewohnern von Nazareth, seiner Heimatstadt, ausgedrückt. An diesem 14. Sonntag im Jahreskreis lädt uns das Wort Gottes ein, über die Feindseligkeit nachzudenken, die einen Propheten bei der Erfüllung seiner Mission treffen kann (I), wie auch die Hindernisse, denen auch Jesus selbst bei der Verkündigung des Evangeliums begegnet ist (II), die hinzunehmen den Glauben benötigt (III). Reflektieren wir gemeinsam diese Aspekte, welche die heutigen Lesungen uns nahelegen, und lassen wir uns vom Heiligen Geist führen, der uns gemäß der Verheißung des Herrn Jesus in die ganze Wahrheit einführen wird (vgl. Joh 16,13).

1. Die schwierige Mission des Propheten Ezechiel.

Die Beschreibung der Berufung des Propheten Ezechiel überrascht uns wegen der harten Worte, die JHWH an sein Volk richtet, wenn er diesem den Unglauben und die Hartherzigkeit vorwirft. Es ist ein Volk von Abtrünnigen, denn „sie und ihre Väter sind von mir abgefallen, bis zum heutigen Tag“ (Ez 2,3). Und noch einmal: „Es sind Söhne mit trotzigem Gesicht und hartem Herzen. Zu ihnen sende ich dich“ (Ez 2,4); zum „Haus der Widerspenstigkeit“ (Ez 2,5). Trotz alledem schickt Gott seinem Volk den Propheten Ezechiel mit der Absicht, sie zur Umkehr zu bewegen. Offensichtlich werden die Aufrufe Ezechiels nicht gehört, und er selbst macht sich bei der herrschenden Klasse unbeliebt. Die Begründung Gottes ist sehr wichtig: ob sie hören oder nicht hören, „sie werden erkennen müssen, dass mitten unter ihnen ein Prophet war“ (Ez 2,5). Ein Prophet greift ein und spricht stets im Namen Gottes, der treu bleibt, auch wenn das Volk ungläubig wird. Es ist gut bekannt, daß aufgrund des Unglaubens und des Ungehorsams gegenüber JHWH wurde Israel im Jahre 597 vor Christus in die Knechtschaft nach Babylon verbannt. Das gleiche Schicksal trifft auch den Propheten Ezechiel. Er aber erfüllt auch in der Verbannung seine prophetische Aufgabe und tröstet die geknechteten Juden in Babylon, wie die in Jerusalem verbliebenen Bewohner. Auch in den dunklen Zeiten der Geschichte des erwählten Volkes bleibt Gott an seiner Seite mittels der Propheten und ihrer Botschaft der Hoffnung und Befreiung.

2. Die Schwierigkeiten Jesu von Nazareth.

Das heutige Evangelium des Heiligen Markus beschreibt das Wirken Jesu von Nazareth, seiner Heimat. Es war Sabbat und Jesus ging in die Synagoge, begleitet von seinen Jüngern, und lehrte das Volk. Alle waren über das Tun Jesu erstaunt, das vor allem darin bestand, zu predigen und Wunder zu vollbringen. Das lässt sich aus der Frage ableiten, die sich das Volk stellt: „Was ist das für eine Weisheit, die ihm gegeben ist! Und was sind das für Machttaten, die durch ihn geschehen!“ (Mk 6,2). Doch anstatt sich zu freuen und Jesus und sein Evangelium willkommen zu heißen, begannen die Einwohner von Nazareth, ihn zu verachten, wofür sie als Grund angeben, er entstamme einer einfachen Familie: „Ist das nicht der Zimmermann, der Sohn der Maria und der Bruder von Jakobus, Joses, Judas und Simon?“ (Mk 2,3). Die Aufzählung der Familienmitglieder Jesu – die genannten Brüder und Schwestern waren in Wirklichkeit seine Cousins und Cousinen – hatte zum Ziel, Jesus zu diskreditieren und zu beweisen, daß er ein gewöhnliches Leben unter ihnen geführt und keine besonderen Studien absolviert hat. Das anfängliche Staunen aufgrund der außergewöhnlichen Macht der Worte und Wundertaten, schlägt schnell in eine feindliche Haltung gegenüber Jesus um; tatsächlich, die Anwesenden „nahmen Anstoß an ihm“ (Mk 2,3). Die Antwort des Herrn drückt auch seine Verbitterung aus: „Nirgends ist ein Prophet ohne Ansehen außer in seiner Heimat, bei seinen Verwandten und in seiner Familie“ (Mk 6,4). Jesus wollte in Nazareth das tun, was er in Kafarnaum getan hat, wo er sein öffentliches Wirken begonnen hatte. Die Beschränktheit seiner Leute, möglicherweise hatten Neid, Eifersucht oder Hochmut ihre Herzen verstockt, verhinderte nicht nur, der Gnade Gottes Raum zu geben, sondern sie waren unfähig geworden, in rechter Weise zu denken. Angesichts der vollbrachten Taten, der mit Macht verkündeten Worte Jesu und der Wirkung seiner Wunder hätten sie sich die Antwort auf die erste Frage selbst geben können: „Woher hat er das alles?“ (Mk 6,2), denn diese Macht konnte allein nur von Gott kommen und von denen, die von Ihm gesandt sind.

3. Der Glaube ist der Weg zu Gott.

Der Herr Jesu empfand Unmut wegen des fehlenden Glaubens der Leute in Nazareth, was ihn am Wirken hinderte. „Er konnte dort keine Machttat tun“ (Mk 6,5) und „wunderte sich über ihren Unglauben“ (Mk 6,6). In diese Dunkelheit scheint jedoch ein kleiner Lichtstrahl, welcher auf die Kranken fällt. Sie unterscheiden sich von der Mehrheit der Leute. Möglicherweise waren sie aufgrund der Schmerzen und Krankheiten offener für seine Gnade. Die Kranken waren Jesus gegenüber williger und so „legte er die Hände auf und heilte sie“ (Mk 6,5).

Um sich dem Herrn Jesus wirklich nähern zu können, braucht es Glauben. Jesus erwartet Glauben, um Wunder vollbringen zu können. Dem Blinden vor Jericho hat er beispielsweise gesagt: „Geh! Dein Glaube hat dich gerettet“ (Mk 10,52). Zu den Jüngern sprach der Herr: „Amen, ich sage euch: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier nach dort! und er wird wegrücken. Nichts wird euch unmöglich sein“ (Mt 17,20). Die Zwölf, die sich der Schwäche ihres Glaubens bewußt waren, baten den Meister: „Stärke unseren Glauben!“ (Lk 17,6).

Auch wir, liebe Brüder und Schwestern, sind uns der Grenzen und vor allem der Schwäche unseres Glaubens bewußt. Daher bitten wir Jesus ebenso: „Stärke unseren Glauben!“. Wir brauchen einen lebendigen und brennenden Glauben, vor allem in unserer säkularisierten Welt, die scheinbar lebt, als gäbe es Gott nicht. Um Jesus und sein Evangelium verkündigen zu können, haben wir einen Glauben nötig, der fähig ist, die Mauern der Gleichgültigkeit, des Desinteresses und zuweilen der Feindschaft gegenüber Gott, seiner Kirche und der Christen zu überwinden. Allein mit Glauben können wir authentische Zeugen Jesu Christi und eifrige Missionare seines Evangeliums sein.

Erbitten wir vom Herrn Jesus, der gestorben war, der auferstand und der in unserer Mitte gegenwärtig ist, dieses Geschenk des Glaubens. Wir tun dies auf die Fürsprache seiner und unserer Mutter, der seligen Jungfrau Maria, die seliggepriesen wurde, weil sie geglaubt hat, dass sich das Wort des Herrn erfüllt (vgl. Lk 1,45). Sie möge auch für uns den Glauben erflehen, denn er ist der einzige Zugang zum Geheimnis Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

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