Predigt von Nuntius Eterovic am 2. Adventssonntag - Lesejahr A

Berlin, 8. Dezember 2019

(Jes 11,1-10; Ps 72: Röm 1,4-9; Mt 3,1-12)

„Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!“ (Mt 3,2).

Liebe Brüder und Schwestern!

An diesem zweiten Adventssonntag wollen wir die Person und die Botschaft von Johannes dem Täufer betrachten, den uns der Evangelist Matthäus im heutigen Evangelium vorstellt. Johannes beginnt mit einer sehr klaren Aufforderung (I). Dies ist auch für seinen Stil und sein Leben als Prophet wirksam (II). Seine Vorhaltungen und Ermahnungen bleiben auch für uns gültig (III).

1. Umkehr

Die Predigt von Johannes dem Täufer in der Wüste ist einfach und wirksam: „Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe!“ (Mt 3,2). Umkehr bedeutet einen Wechsel im Denken und Verhalten, um auf den Wegen Gottes gehen zu können. Das Himmelreich ist ein hebräischer Ausdruck, der vom Evangelisten Matthäus häufig benutzt wird, um die Herrschaft Gottes im Gewissen auszudrücken, die der Mensch jedoch in seinem Tun umsetzen muss. Dieselbe Botschaft hat auch Jesus zu Beginn seiner Mission verkündet. Auch er ruft seinen Landsleuten zu: „Kehrt um! Denn das Reich Gottes ist nahe!“ (Mt 4,17). Der Evangelist Markus greift die Worte des Herrn auf und variiert sie. Dabei ist zu unterstreichen, daß bei ihm der Ruf Jesu mit dem Schicksal von Johannes dem Täufer verbunden ist. Denn wir lesen im Markusevangelium: „Nachdem Johannes ausgeliefert worden war, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1,14-15). Diese Aufforderung richtet sich auch an uns. Vor allem in dieser Zeit des Advents sind wir dazu ermahnt, umzukehren und authentische Christen zu werden. Grund dafür ist, daß mit der Ankunft Jesus Christi, des fleischgewordenen Wortes Gottes in der Welt, die Zeit erfüll ist. In der Person Jesu begegnen wir tatsächlich dem Reich Gottes, das in der Welt, vor allem in der Kirche, das heißt unter uns gegenwärtig ist. Der Herr Jesus zeigt uns mit den Worten: „Glaubt an das Evangelium“ den Weg zur Umkehr. Um an das Evangelium glauben zu können, müssen wir es gut kennen. Das verlangt eine aufmerksame und andauernde Lektüre der Bibel, ein eigenes Studium. Das alles ist zu tun im dem Bewußtsein, daß die Einsicht in die Schrift in der lebendigen Tradition der Kirche steht.

2. Johannes der Täufer

Die Botschaft Johannes des Täufers, die vom Heiligen Geist inspiriert war, hatte auch Auswirkungen auf sein demütiges und einfaches Leben.

Demut: Johannes kannte die Schrift gut, die Bücher des Alten Testamentes und somit auch das des Propheten Jesaja, der einen Vorläufer des Messias ankündigt als „Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen!“ (Mt 3,3). Nach den Heiligen Matthäus und Johannes ist der Täufer Johannes der Rufer, „wie der Prophet Jesaja gesagt hat“ (Mt 3,3; Joh 1,23). Doch wird der Täufer deswegen nicht stolz, sondern er bleibt demütig. Das zeigt auch seine Überzeugung über den Vorrang des Messias, der kommen soll: „Ich taufe euch mit Wasser zur Umkehr. Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich und ich bin es nicht wert, ihm die Sandalen auszuziehen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen“ (Mt 3,11).

Einfachheit: Johannes der Täufer lebte in der Wüste in ärmlichen Verhältnissen. Die Beschreibungen des Evangeliums sind eher skizzenhaft, jedoch reichen sie, um seine Lebensumstände zu verstehen. So heißt es: „Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften; Heuschrecken und wilder Honig waren seine Nahrung“ (Mt 3,4). Seine Demut und Armut erlauben es Johannes, seine starke Persönlichkeit und seine fordernde Botschaft zu zeigen, was viele Menschen von Jerusalem und ganz Judäa anzog.

3. Die Taufe

Wegen der Nähe der Ankunft des Messias brauchte es in den Zeiten von Johannes dem Täufer eine geistliche Vorbereitung. Das haben die Menschen verstanden, die zum Jordan kamen, wo Johannes predigte. Sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordanfluß taufen (vgl. Mt 3,6). Die Taufe des Johannes bestand in einem rituellen Eintauchen, was die Rückkehr der Person zu Gott durch ein aufrichtiges Leben bedeuten sollte. Offensichtlich bestand die Gefahr, daß die Taufe formal und äußerlich blieb, also ohne den Einsatz einer ehrlichen Umkehr. Daher ist Johannes der Täufer zu zwei Personengruppen des erwählten Volkes besonders streng, nämlich zu den Pharisäern und den Sadduzäern. Die Pharisäer unterschieden sich durch eine rigorose Beachtung des Gesetzes. Die Sadduzäer hingegen waren darin eher sehr lasch. Zwischen beiden gab es Differenzen in der Lehre, doch der Täufer behandelte beide Gruppen gleich, denn er sah das Problem eines Formalismus, einer nur äußeren Religiosität voller Riten und unter Beachtung der zahlreichen Vorschriften, wobei nichts davon ihre Herzen berührte. Seine Worte sind hart, denn er nennt sie eine „Schlangenbrut“ und droht ihnen mit dem „kommen Zorngericht“, mit dem Gericht Gottes. Sodann ermahnt er sie: „Bringt Frucht hervor, die eure Umkehr zeigt, und meint nicht, ihr könntet sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken“ (Mt 3,8-9).

Liebe Brüder und Schwestern, das Wort Gottes, das wir gehört haben, richtet sich an uns alle, besonders in dieser bevorzugten Zeit des Advents. Wir wissen aus dem Evangelium, daß die Ankündigung des Täufers Johannes über den Messias als strengen Richter durch die Lehre Jesu vervollständigt wurde, denn er predigt zuoberst die Barmherzigkeit Gottes zu allen Menschen, angefangen bei den Sündern. Dies ist ein weiteres Argument, ein besonders starkes außerdem, die Aufforderung zur Umkehr anzunehmen. Bei diesem Werk haben wir es einfacher, weil wir in der Taufe, die wir empfangen haben, nicht nur mit Wasser getauft wurden, wie es bei Johannes dem Täufer der Fall war, sondern „mit dem Heiligen Geist und mit Feuer“. Daher sollten wir dem Heiligen Geist erlauben, in uns zu wirken, unsere Herzen, unseren Geist, unsere Denkart zu verwandeln, um nach dem Willen des Messias, des Herrn Jesus zu handeln.

Das Beispiel von Johannes dem Täufer hilft uns auf dem Weg der Umkehr. Suchen wir, unseren Stolz zu überwinden und demütig zu werden. Alles, was wir haben, unsere Talente und Begabungen, sind Gaben Gottes. Daher müssen wir ihm unaufhörlich danken und nicht uns selber rühmen, indem wir dem Beispiel der seligen Jungfrau Maria folgen. Sie ist in dem unerwartet feierlichen Augenblick der Ankündigung des Engels Gabriel, sie werde die Mutter Jesu, demütig geblieben und nennt sich selbst eine Dienerin des Herrn: „Siehe, ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Leben wir in dieser Welt auf bescheidene Weise und leisten wir der Konsumgesellschaft Widerstand, die in uns falsche Bedürfnisse wecken und uns allzu sehr an die materiellen Dinge binden will, die nicht lange den Durst nach Wahrheit, Gerechtigkeit und Liebe zu stillen imstande sind, das heißt unseren Durst nach Gott.

Vertrauen wir unsere Überlegungen der mächtigen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, die im Advent als Unsere Liebe Frau in der Erwartung verehrt wird. Ihr Beispiel möge uns verstehen lassen, daß der Ruf „das Himmelreich ist nahe“ in der Person Jesu Christi, ihres Sohnes verwirklicht ist. Ihr Gebet helfe uns, auf authentische Weise umzukehren und uns auf diese ernsthafte Weise auf die Begegnung mit dem Herrn vorzubereiten, der kommt. Amen.

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