Predigt von Nuntius Eterovic am 27. Sonntag im Jahreskreis

Berlin, 7. Oktober 2018

(Gen 2,18-24; Ps 128; Hebr 2,9-11; Mk 10,2-16)

 

„Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mk 10,9).

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Lesungen, die wir an diesem 27. Sonntag im Jahreskreis gehört haben, offenbaren den Plan Gottes für die Familie. Es handelt sich um ein sehr aktuelles Thema. Daher ist es angebracht zu hören, was Gott mittels seines Wortes seiner Kirche und all ihren Mitgliedern sagt. Die erste Lesung präsentiert Gottes Plan zur Familie (I). Im Evangelium bestärkt Jesus dieses Projekt (II), indem er den Christen die bindenden Kriterien über das Sakrament der Ehe bietet (III). Öffnen wir unsere Herzen der Gnade des Heiligen Geistes, um die Wahrheit des Gotteswortes gut zu erfassen, die sich nicht allein in der Autorität Jesu als Prediger findet, sondern auch in seiner Treue bis zum Ende, im Kreuzesopfer.

1. „Das endlich ist Fleisch von meinem Fleisch“ (Gen 2,23).

Gott hat gewollt, daß der Mensch glücklich im Paradies lebt. Da er vernunftbegabt und offen für die Liebe ist, das heißt zum anderen, konnte er nicht alleine leben. Daher hat JHWH gesprochen: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm ebenbürtig ist“ (Gen 2,18). Doch das Alleinsein des Menschen konnte nicht durch die Tiere aufgehoben werden, denn über sie war ihm die Macht gegeben. Die Tatsache, daß er den Tieren Namen geben konnte, zeigt, daß der Mensch Gewalt über sie ausübte. Es gibt einen unüberbrückbaren Graben zwischen dem Menschen und den Tieren, die ohne Intellekt, ohne Willen und, ganz allgemein, ohne die Möglichkeit, eine vollständige Lebensgemeinschaft zu bilden. Die biblische Erzählung fügt an: „Aber eine Hilfe, die dem Menschen ebenbürtig war, fand er nicht“ (Gen 2,20). Also schuf JHWH ein menschliches Sein, dem Manne ähnlich, von gleicher Würde, womit er eine dauerhafte Familie gründen konnte. Darin besteht die Bedeutung der biblischen Erzählung der Erschaffung der Frau aus einer Rippe, die vom Mann genommen war während er schlief. Der erste Mensch, Adam, konnte jetzt voller Freude ausrufen: „Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch. Frau soll sie genannt werden; denn vom Mann ist sie genommen“ (Gen 2,23). Der Abschluss der Geschichte ist klar: „Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und hängt seiner Frau an und sie werden ein Fleisch“ (Gen 2,24).

2. „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mk 10,9).

Im Markusevangelium tritt Jesus ein in die Auseinandersetzung mit den Pharisäern, die ihn auf die Probe stellen wollten, indem sie fragten: „Ist es einem Mann erlaubt, seine Frau aus der Ehe zu entlassen?“ (Mk 10,2). Vielleicht kannten die Pharisäer schon Jesu Haltung und seine hohe Wertschätzung der Ehe und wollten daher die Gelegenheit nutzen. Allen war nämlich das Gesetz des Mose bekannt, das eine Scheidung erlaubte: „Mose hat gestattet, eine Scheidungsurkunde auszustellen und die Frau aus der Ehe zu entlassen“ (Mk 10,4). Angesichts dieser Einwände offenbarte Jesus, daß seine Autorität die des Mose übersteigt und er ihn somit korrigieren konnte. Indem er anmerkt, daß Mose eine Scheidung wegen der Hartherzigkeit der Glieder des Volkes Gottes erlaubt hat, betont er deutlich, daß der Plan Gottes ein ganz anderer war: „Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie männlich und weiblich erschaffen“ (Mk 10,6). Jesus ist gekommen, die ursprüngliche Ordnung Gottes bezüglich der Ehe, jener Einheit von Mann und Frau in Liebe, wieder herzustellen. Es handelt sich um eine so starke Liebe, weswegen „der Mann Vater und Mutter verlassen wird und die zwei werden ein Fleisch sein“ (Mk 10,8). Die beiden verschiedenen Personen sind nicht mehr zwei, „sondern ein Fleisch“ (Mk 10,8). Diese Einheit ist unlösbar. Der Herr Jesus schließt daher die Auseinandersetzung mit den Pharisäern, indem unmissverständlich darlegt: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mk 10,9). Der Umstand, daß die Jünger die Diskussion mit dem Meister weiterführten, zeigt, daß auch sie die Schwierigkeit hatten, diese (neue) Lehre Jesu anzunehmen. Er aber wiederholt ohne Zögern: „Wer seine Frau aus der Ehe entlässt und eine andere heiratet, begeht ihr gegenüber Ehebruch. Und wenn sie ihren Mann aus der Ehe entlässt und einen anderen heiratet, begeht sie Ehebruch“ (Mk 10,11-12). Wenn man bedenkt, daß die zweite Möglichkeit, daß die Frau den Mann aus der Ehe weist, in der griechisch-römischen Welt existierte, zeigt, daß die Lehre des Herrn sich auf alle Kulturen erstreckt. Darüber hinaus unterstreicht es die grundlegende Gleichheit in der Würde von Mann und Frau.

3. Das Ehesakrament.

Das Wort Jesu Christi ist immer aktuell. In besonderer Weise ist es das in unseren Zeiten, in denen die Ehescheidung weit verbreitet ist. Nach einigen Statistiken werden in Europa über 50% der Ehen geschieden. Den Negativrekord hierbei hält das Land Belgien, wo die Quote der Ehescheidungen 71% erreicht, in Spanien sind es 61%, in Frankreich 55%. In Deutschland gibt es eine Tendenz, dass sich die Zahl der Scheidungen verringert. Während es im Jahr 2005 noch 51% Ehescheidungen gab, ist die Zahl im Jahr 2017 auf 37,69% gesunken.

Diese statistischen Daten sind ein Zeichen der Säkularisierung, die auch jene Länder erreicht hat, die einst stark christlich geprägt waren. Das bedeutet eine große Herausforderung für die Kirche, welche den Auftrag Christi hat, die gute Nachricht der untrennbaren Liebe zwischen Mann und Frau, die offen für das Leben der nächsten Generation ist, zu verkünden. Leider sind die ersten und verwundbarsten Opfer von Scheidungen die Kinder. Sie werden besonders von Jesus Christus geliebt, wie wir im heutigen Evangelium gehört haben. Als die Jünger die Kinder hindern wollten, sich Jesus zu nähern, „wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn solchen wie ihnen gehört das Reich Gottes“ (Mk 10,14). Kinder sind vertrauensvoll, ehrlich, so wie jeder Christ sein sollte. Aus diesem Grund lehrt uns Jesus: „Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen“ (Mk 10,15). Des Herren Worte werden von Gesten begleitet: „Und er nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie“ (Mk 10,16).

Die Kirche muss auch in unseren Tagen die Wahrheit über das Sakrament der Ehe verkünden, das von Jesus Christus eingesetzt worden ist. In diesem Zusammenhang sind die Zeugnisse christlicher Eheleute von vitaler Bedeutung, die bis zum Tode zusammenbleiben und auch die schwierigen Momente einer Ehe, die von subjektiven und objektiven Elementen bestimmt werden, überwinden. Ein Ehepaar, das beispielsweise die Goldene Hochzeit feiert oder noch länger als 50 Jahre verheiratet ist, bedeutet eine lebendige Katechese über die Schönheit des Ehesakramentes. Diese Treue ist nicht allein das Verdienst ihrer Liebe, sondern vor allem der sakramentalen Fruchtbarkeit der Ehe, die in Jesus Christus gründet. ER ist für die Eheleute der Garant der bleibenden Vitalität des Ehebandes, denn Jesus Christus ist treu gewesen bis zum Ende, denn „es war nämlich Gottes gnädiger Wille, dass er für alle den Tod erlitt“ (Hebr 2,9). Daher ist es nötig, die ehevorbereitende Katechese ebenso zu stärken, wie die für die Eheleute. Dazu lädt der Heilige Vater Franziskus in seinem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Amoris laetia ein (Nr. 205-222), damit die Brautleute die Schönheit und Größe der christlichen Ehe entdecken und für ihr Eheleben fruchtbar machen.

Liebe Brüder und Schwestern, danken wir dem dreieinen Gott für das Geschenk des Ehesakramentes, das er der Kirche und der Welt vermacht hat. Beten wir für alle christlichen Familien, damit sie treu in den auferlegten Pflichten bleiben und alle Schwierigkeiten überwinden können, indem sie der Liebe Jesu Christi vertrauen, die in Ewigkeit bleibt. Im Gebet denken wir auch an die geschiedenen Menschen, auf daß sie in der pastoralen Tätigkeit der Kirche geistliche Hilfe finden können. Diese guten Vorsätze vertrauen wir der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche. Amen.

 

Zurück