Predigt von Nuntius Eterovic am 5. Sonntag im Jahreskreis

Apostolische Nuntiatur, 7. Februar 2021

(Ijob 7,1-4.6-7; Ps 147; 1 Kor 9,1-19.22-23; Mk 1,29-39)

Jesus „heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten“ (Mk 1,34).

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Wort Gottes, das wir gehört haben, erinnert uns an unseren Zustand als schwache und gebrechliche Menschen (I). Gleichzeitig zeigt uns Jesus, der heilen kann (II), und uns zur Evangelisierung aussendet, wie einst den Heiligen Paulus, den Völkerapostel (III). Öffnen wir uns der Gnade des Heiligen Geistes, um die Botschaft gut zu begreifen, die Jesus Christus im Evangelium an uns, die Kirche und die Welt heute richten will.

1. „Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist“ (Ijob 7,7).

Mit diesen Worten wendet sich Hiob klagend an JHWH und präsentiert ihm sein Leben voller Leiden und ohne Hoffnung, wie es der letzte Satz des Abschnitts zeigt, den wir hörten: „Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist! Nie mehr schaut mein Auge Glück“ (Ijob 7,7). Im Angesicht Gottes erinnert Hiob an die Leiden seines Lebens: an die harte Arbeit auf Erden, die Mühen, die nicht nachlassen und auch nachts keine Ruhe geben, so dass er nicht schlafen kann.
Liebe Brüder und Schwestern, wir können ohne weiteres die Erfahrung des Hiob teilen, weil auch wir erfassen, dass das Leben flüchtig und voller Mühen ist. Besonders in dieser Zeit der Corona-Pandemie geht dies besonders nahe, weil wir alle vor dem Schmerz und der Trauer so vieler Brüder und Schwestern stehen, die einen Angehörigen, einen teuren Menschen verloren haben oder selbst mit dem Corona-Virus infiziert sind. Als Christen unterstützen wir die wissenschaftlichen Forschungen, eine Medizin oder einen Impfstoff zu finden, um diese Krankheit zu bekämpfen und wenigstens ihre Ausbreitung zu vermindern. Zugleich aber müssen wir den Kranken beistehen und denen, die über den Verlust von nahen und teuren Menschen weinen. Sie haben qualifizierte Hilfe nötig, die sie normalerweise in den Krankenhäusern, unter denen auch katholische sind, dank der Medizin und des selbstlosen Einsatzes des medizinischen Personals bekommen. Aber sie haben auch geistlichen Beistand nötig, eine Hoffnung, die allein der Herr Jesus geben kann. Er allein ist imstande, den Leib zu heilen und zugleich die Seele.

2. „Er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten“ (Mk 1,34).

Das Wirken Jesu schließt im Markusevangelium auch das Heilen der Kranken ein. So vollbringt er Wunder, treibt Dämonen aus und verkündet das Evangelium. Nachdem er die Schwiegermutter des Petrus vollständig geheilt hatte, konnte sie aus dem Bett aufstehen und sich um die Gäste kümmern (vgl. Mk 1,31). Jesus „heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Und er verbot den Dämonen zu sagen, dass sie wussten, wer er war“ (Mk 1,34). Drei Aspekte des Wirkens Jesu sind nötig zu unterstreichen:

Zunächst (a.), dass der Herr stets Zeit für das Gebet findet. Auch in dem kurzen Abschnitt heute notiert der Evangelist: „In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten“ (Mk 1,35). Beten ist für Jesus wie der Lebensatem. Er fand Zeit und Ort, um in Kontakt mit Gott, seinem Vater zu treten, um vor dessen unendlicher Liebe die Art und Weise seiner Mission zu erwägen, dem Menschen seine vollkommene Befreiung zu verkünden. Mit neuem Eifer konnte Jesus nach diesen stärkenden Momenten der Einheit und Sammlung im Gebet seine Heilssendung auf den Straßen von Galiläa und Judäa fortsetzen.

Sodann (b.) erkannten die Dämonen besser als die Menschen die übernatürliche Sendung Jesu. Doch der Herr gebot ihnen zu schweigen, weil er nicht wollte, dass die Leute seiner Mission einen triumphalistischen und sensationshungrigen Beigeschmack gaben. Der Messias hat die Macht, Wunder zu tun, doch der wahre Messias wird allein durch Kreuz das in seine Herrlichkeit eintreten. Und so kündigte Jesus selbst an: „Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tage auferweckt werden“ (Lk 9,22).

Und schließlich (c.) blieb Jesus nicht lange an einem Ort, sondern verkündete die gute Nachricht, indem er von Stadt zu Stadt und von Dorf zu Dorf zog. Hierin unterschied er sich von den Propheten des Alten Testamentes und insbesondere von Johannes dem Täufer, der in der Wüste lebte und am Jordan predigte, wo er die zu ihm kommenden Menschen taufte. Jesus hingegen geht, um den Menschen dort zu begegnen, wo sie leben und arbeiten. Seine Botschaft gilt allen, und der Herr will ihnen persönlich nahe sein und eine größtmögliche Zahl von Menschen treffen. Als Simon und die anderen Jünger ihm sagen: „Alle suchen dich“ (Mk 1,37) antwortet Jesus, obwohl er möglicherweise noch länger bei ihnen bleiben wollte: „Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen“ (Mk 1,38). Also schließt das heutige Evangelium mit der Feststellung: „Und er zog durch ganz Galiläa, verkündete in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus“ (Mk 1,39).

3. „Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde“ (1 Kor 9,16).

Der Herr Jesus hat seinen Jüngern anvertraut, seine Mission fortzusetzen und somit das Evangelium durch die Zeiten hindurch zu verkünden und in seinem Namen alle möglichen Leiden zu heilen (vgl. Mt 10,7-8). Der Heilige Paulus bietet ein ausgezeichnetes Beispiel. In der Nachfolge der Lehre und des Beispiels Jesu blieb auch er nicht an einem Ort, sondern brachte die gute Nachricht bis an die Grenzen der damals bekannten Welt. Der Apostel, der vom Herrn Jesus berufen war, ist sich bewußt, er kann sich nicht rühmen, das Evangelium zu predigen, sondern es ist seine Pflicht, dies zu tun (vgl. 1 Kor 9,16). Er tat dies freigiebig, indem er sich jedem Menschen, dem er begegnete, annäherte und ihm ähnlich wurde. „Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, um die Schwachen zu gewinnen. Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten“ (1 Kor 9,22).

Das Evangelium Jesu ist eine gute Nachricht für jeden Menschen, auch für den zeitgenössischen Menschen. Sie ist es vor allem für jene, die materiell oder geistlich leiden. Die Erfahrung Hiobs bestätigt, dass Gott um unsere Schmerzen, Mühen, Zweifel, Krankheiten und unsere Todesangst weiß. Der gerechte Hiob zeigt, auf welche Weise man in diesen schwierigen Situationen vor dem allmächtigen Gott klagen kann. Er schaut mit Wohlgefallen auf seinen Knecht Hiob und beschenkte ihn nach den schweren Prüfungen schon in diesem Leben mit der Fülle an Gütern und familiären und sozialen Beziehungen (vgl. Ijob 42,10-17). Auch Jesus Christus hat denen, die ihm auch in den Verfolgungen nachgehen, reichen Lohn verheißen, vor allem aber das ewige Leben. „Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen. Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser und Brüder, Schwestern und Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben“ (Mk 10,28-30).

Diese gute Nachricht müssen auch wir, liebe Brüder und Schwestern, leben und in dieser unserer Welt, die seit einem Jahr vom Corona-Virus gekennzeichnet ist, verkünden. Unsere Kraft ist, wie der Herr Jesus lehrt, das Gebet, das uns zum dringenden Werk der Evangelisierung und zur menschlichen Förderung anspornt. Das alles aber muss an der Verkündigung der wahren Glückseligkeit orientiert bleiben, die Gott den Seinen in seinem Reich, im ewigen Leben verheißt. Das ist die Botschaft der christlichen Hoffnung auch für unsere Schwestern und Brüder, die aufgrund der Pandemie gestorben sind, für ihre Familien und Freunde, für alle Kranken und Sterbenden. Der Herr Jesus hat Sünde und Tod besiegt und will, dass alle, die an Ihn glauben und sich eifrige bemühen, nach seinem Liebesgebot zu leben, dort sind, wo er von Ewigkeit zu Ewigkeit lebt und herrscht.

Vertrauen wir die Erfüllung dieser Aufgabe der Evangelisierung unserer Welt der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche. Sie möge vom guten und barmherzigen Gott die Gabe des Gebets, das rechte Hören des Evangeliums und den Eifer, es den Nahen und Fernen zu verkünden, erflehen. Auf diese Weise werden wir aktive Glieder der Kirche im Aufbruch, wovon der Heilige Vater Franziskus oft spricht, wenn wir der Lehre Jesu treu bleiben und dem Beispiel des Heiligen Paulus folgen. Amen.

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