Predigt von Nuntius Eterovic am Hochfest der Geburt Johannes des Täufers

Berlin, 24. Juni 2018

(Jes 49,1-6; Ps 139; Apg 13,22-26; Lk 1,57-66.80)

„Und du, Kind, wirst Prophet des Höchsten heißen; denn du wirst dem Herrn vorangehen und ihm den Weg bereiten“ (Lk 1,76).

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Johannes der Täufer ist der einzige Heilige, mit Ausnahme der seligen Jungfrau Maria und natürlich Jesus Christus, dessen Geburtstag die Kirche feiert. Der Hauptgrund liegt an seiner einzigartigen und nicht wiederholbaren Beziehung zum Herrn Jesus Christus, dessen Vorläufer Johannes gewesen ist.
Die Lesungen, die wir gehört haben, schildern die Geburt des Johannes, die nach dem Willen Gottes geschieht (I), und den Kernpunkt seiner Botschaft (II), die auch in unseren Zeiten sehr aktuell bleibt (III).

1. Die Geburt des Johannes

Das Stück des Evangeliums des Heiligen Lukas schenkt dem Namen des neugeborenen Kindes von Zacharias und Elisabeth große Aufmerksamkeit. Der Name ist wichtig, weil er die Person zeigt und seine Sendung vor Gott und den Menschen. Am achten Tag nach der Geburt musste der Knabe beschnitten werden, und die Angehörigen wollten ihm nach der Tradition den Namen seines Vaters Zacharias geben. Getrennt voneinander hatten sie zunächst die Mutter, dann den Vater des Kindes gefragt. Ohne sich vorher abgesprochen zu haben, waren sich beide einig, daß das Kind Johannes heißen soll. Zacharias, der nicht sprechen konnte, schrieb auf ein Schreibtäfelchen: „Johannes ist sein Name“ (Lk 1,63), nachdem vorher Elisabeth mit Nachdruck gesagt hatte, daß der Junge nicht den Namen seines Vaters Zacharias bekommen soll: „Nein, sondern er soll Johannes heißen“ (Lk 1,60). Johannes bedeutet im Hebräischen „Geschenk Gottes“ oder „Gott ist gnädig“. Dieser Name spiegelt die Erfahrung der Eltern des Johannes wider. Elisabeth war schon alt, als sie durch die Gnade Gottes einen Sohn empfing und geboren hatte. Zacharias war Zeuge der Ankündigung durch den Engel Gabriel, daß er, der schon alt war, Vater eines Sohnes werden sollte (vgl. Lk 1,11-20). Nachdem Zacharias seine Entscheidung zum Namen des Sohnes bekannt gegeben hatte, geschah es: „Im gleichen Augenblick konnte er Mund und Zunge wieder gebrauchen und er redete und pries Gott“ (Lk 1,64). Sein Lobpreis an den Gott Israels ist im Lied des Zacharias enthalten (vgl. Lk 1,68-79, das zum täglichen Gebet der Kirche gehört, wo es bei den Laudes im Stundengebet enthalten ist. Angesichts dieser außergewöhnlichen Ereignisse, bei denen man die Hand Gottes erfassen konnte, staunten die Leute und fragten sich: „Was wird wohl aus diesem Kinde werden?“ (Lk 1,66).

2. Die Botschaft Johannes des Täufers

Auf diese Fragen: „Was wird wohl aus diesem Kinde werden?“, hat der Evangelist Lukas eine erste Antwort gegeben, indem er notiert: „Das Kind wuchs heran und wurde stark im Geist. Und es lebte in der Wüste bis zu dem Tag, an dem es seinen Auftrag für Israel erhielt“ (Lk 1,80). Der gleiche Evangelist fasst in der Apostelgeschichte die Sendung von Johannes dem Täufer vor dem öffentlichen Wirken Jesu Christi mit Worten des Heiligen Paulus zusammen: „Vor dessen Auftreten hat Johannes dem ganzen Volk Israel eine Taufe der Umkehr verkündet“ (Apg 13,24). Der Völkerapostel hat ebenfalls die Demut von Johannes aufgezeigt, die ihn in den Augen Jesu und des Volkes groß gemacht hat. Auf die Frage, ob nicht er der Messias sei, hat Johannes geantwortet: „Ich bin nicht der, für den ihr mich haltet; aber siehe, nach mir kommt einer, dem die Sandalen von den Füßen zu lösen ich nicht wert bin“ (Apg 13,25). Aufgrund dieser Haltung hat es Johannes der Täufer verdient, von Jesus Christus gepriesen zu werden: „Ich sage euch: Unter den von einer Frau Geborenen gibt es keinen größeren als Johannes!“. Sogleich hat Jesus angefügt: „Doch der Kleinste im Reich Gottes ist größer als er“ (Lk 7,28). Auf den Täufer Johannes, der den Weg des Herrn bereitet hat, kann man die Vision des Propheten Jesaja über den Knecht Gottes und seine Berufung anwenden: „Der HERR hat mich schon im Mutterleib berufen; als ich noch im Schoß meiner Mutter war, hat er meinen Namen genannt“ (Jes 49,1). Zu seiner Mission heißt es: Gott hat ihm nicht nur die Gabe der klaren Worte gegeben, „scharf wie ein Schwert und wie ein „spitzer Pfeil“ (Jes 49,2), sondern er hat beschlossen, ihn „zum Licht der Nationen; damit mein Heil bis an das Ende der Erde reicht“ (Jes 49,6). Natürlich ist diese Prophetie in Vollendung auf Jesus Christus anzuwenden, aber sie gilt in abgeminderter Form auch für seinen Vorläufer Johannes den Täufer.

3. Die Aktualität der Botschaft von Johannes dem Täufer

Jesus Christus hat betont, daß jeder Christ sich einer besseren Situation befindet, als in jener von Johannes dem Täufer. Er hat den Messias erwartet, der kommen sollte und die Ankunft dessen, der da kommen soll, war nicht exakt terminiert. Das kann man aus der Frage schließen, die Johannes im Kerker Jesus mittels seiner Jünger stellen ließ: „Bist du der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?“ (Mt 11,3). Der Christ lebt nicht nur nach dem von Jesus Christus vollbrachten Heilswerk, sondern besitzt die Gnade des Heiligen Geistes, vor allem durch die Sakramente, um somit das vorher verborgene Geheimnis Gottes, das nunmehr durch die Person des Herrn Jesus geoffenbart worden ist (vgl. Eph 3,9), zu kennen. Ungeachtet dieser großen Unterschiede bietet uns Johannes der Täufer ein Beispiel, das auch für uns Christen aktuell ist, besonders in folgenden Punkten:

- In der Ernsthaftigkeit der Berufung

Johannes „wurde stark im Geist“ (Lk 1,80). Um im geistlichen Leben voranzuschreiten, verließ er sein gewöhnliches Leben und zog in die Wüste, um Gott nahe zu sein und um dessen Ruf besser zu erfassen. Daher müssen auch wir die nötigen Mittel anwenden, einen Lebensstil annehmen, die Vorbereitung oder fortwährende Bildung üben, um den Willen Gottes zu erkennen und bereit zu sein, diesen in die Tat umzusetzen.

- Die Demut

Johannes hat, wie wir gesehen haben, verneint, der Messias zu sein und lediglich für sich in Anspruch genommen, „die Stimme eines Rufers in der Wüste: Ebnet den Weg für den Herrn!“ zu sein (Joh 1,23). Auch in unserem kirchlichen und apostolischen Leben ist es geboten, Jesus Christus den ersten Platz einzuräumen. Als Christen sollten wir also dem Beispiel des Johannes folgen und bereit sein, daß Jesus in uns wächst und wir abnehmen (vgl. Joh 3,30).

- Das Lebenszeugnis

Johannes lebte arm und bescheiden. Sein Lebensstil ist eine Provokation, vor allem in unserer konsumorientierten Gesellschaft. Er lädt uns daher ein, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren und jene überflüssigen zu lassen. Darüber hinaus mahnt er, sensibler auf die Notwendigkeiten der Armen und der Hilfsbedürftigen zu achten und für das, was sie für ein würdiges menschliches Leben brauchen.

- Das Zeugnis des Martyriums

Was die Leute an Johannes dem Täufer angezogen hat, das war sein Zeugnis: das, was er verkündete und lebte. Er predigte ohne Furcht und kritisierte nicht nur die Glieder des Volkes, sondern auch diejenigen, die zur Führungsschicht gehörten, und sogar den König Herodes selbst. Dafür wurde er eingekerkert und letztlich umgebracht. Johannes der Täufer fordert uns auf, Zeugnis für die Wahrheit zu geben, Unannehmlichkeiten, Opfer hinzunehmen und, wenn nötig, das Leben zu geben.

- Die Kraft des Wortes

Es überrascht darum nicht, daß die Predigt des Vorläufers Johannes viele Menschen angezogen hat. Von seinen Worten berührt, haben viele die Taufe zur Umkehr in der Erwartung des kommenden Messias angenommen. Das Wort Gottes, das immer „lebendig und wirksam“ (Hebr 4,12) ist, war noch mehr im Mund des Johannes, weil es von einem authentischen Propheten voller Eifer und mit Überzeugungskraft gesprochen wurde. Auf diesem Gebiet der Evangelisierung bleibt Johannes ein gültiges Beispiel für uns: mit demselben Geist müssen wir Jesus und sein Evangelium des Heils verkünden.

Die selige Jungfrau Maria, die Cousine von Elisabeth, der Mutter des Johannes, möge uns mit ihrer mächtigen Fürsprache helfen, in Jesus Christus den Messias zu erkennen, Ihn, der kommen musste, und dem Beispiel des Täufers Johannes in der Vorbereitung des Weges für Jesus Christus zu folgen – in unserem persönlichen, familiären, kirchlichen und sozialen Leben. Amen.

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