Predigt von Nuntius Eterovic am Fest der Heiligen Familie

Apostolische Nuntiatur, 31. Dezember 2023

(Gn 15,1-6; 21, 1-3; Ps 104; Hebr 11,8.11-12.17-19; Lk 2,22-40)

„Sie brachten das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen“ (Lk 2,22).

Liebe Brüder und Schwestern!

Der Abschnitt aus dem Lukasevangelium erinnert an ein wichtiges Ereignis im Leben Jesu: „Als sich für sie die Tage der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung erfüllt hatten, brachten sie das Kind nach Jerusalem hinauf, um es dem Herrn darzustellen“, so die Vorschrift des Gesetzes. An dieser Aktion ist die ganz Familie beteiligt: Maria, Josef und das Jesuskind. Der heilige Lukas berichtet, vom Heiligen Geist inspiriert, von der Begegnung der Familie von Nazareth mit dem alten Simeon und der Prophetin Hanna. Aus ihren prophetischen Worten konnten Maria und Josef verstehen, dass Jesus ein Geschenk Gottes war, das ihnen anvertraut wurde, dass er aber weiterhin mehr Gott als ihnen gehörte. Sie hatten jedoch eine große Verantwortung dafür zu sorgen, dass Jesus die Voraussetzungen für eine harmonische Entwicklung hatte, wie geschrieben steht: „Das Kind wuchs heran und wurde stark, erfüllt mit Weisheit, und Gottes Gnade ruhte auf ihm“ (Lk 2,40).

Die Heilige Schrift stellt uns Maria und Josef als Menschen mit tiefem Glauben vor, die daher in der Lage sind, ihre wichtige Erziehungsaufgabe an Jesus Christus, dem Sohn Gottes und Menschensohn, zu erfüllen. Ihre Cousine Elisabeth lobte Maria für ihren Glauben, dafür, dass sie „geglaubt hat, dass sich erfüllt, was der Herr ihr sagen ließ“ (Lk 1,45). Der Evangelist bemerkte über den heiligen Josef, dass er gerecht war und dass er nach der Offenbarung Gottes „tat, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich“ (Mt 1, 24).

Das Wort Gottes, das wir sowohl in der ersten als auch in der zweiten Lesung gehört haben, lobt den Glauben Abrahams und Sarahs. Gott segnete ihren Glauben mit Fruchtbarkeit: Sarah gebar im hohen Alter einen Sohn, Isaak, den Sohn der Verheißung, von dem „zahlreiche Nachkommen“ stammten (Heb 11, 12).

Liebe Brüder und Schwestern, an diesem ersten Sonntag der Weihnachtszeit feiern wir die Familie von Jesus, Maria und Josef. Im Licht der heiligen Familie von Nazareth lädt uns die Kirche ein, über die Familie nachzudenken, eine Liebesgemeinschaft zwischen Mann und Frau, die offen für das Leben ist. Wir tun dies im Lichte des Wortes Gottes und der lebendigen Tradition der Kirche gemäß den Vorgaben des Lehramtes. Bei dieser Gelegenheit möchte ich auf einige Überlegungen von Papst Franziskus während des 10. Weltfamilientreffen hinweisen, das im Juni 2022 in Rom zum Thema Familienliebe: Berufung und Weg zur Heiligkeit stattfand.

- Verantwortungsvolle Liebe. Der Heilige Vater stellte fest, dass manche Menschen Vorbehalte gegenüber der Ehe haben, weil sie ihre Freiheit nicht verlieren möchten, und erklärte: „Die wichtigste Freiheit ist die innere Freiheit“ (Papst Franziskus, Predigt vom 25. Juni 2022), die Jesus Christus uns gegeben hat auf Spende, auf großzügige Liebe ausgerichtet. Dann erklärte er: „Ihr Eheleute habt bei der Gründung eurer Familien alle mit der Gnade Christi diese mutige Entscheidung getroffen, die Freiheit nicht für euch selbst zu nutzen, sondern die Menschen zu lieben, die Gott euch an die Seite gestellt hat. Anstatt als ‚Inseln‘ zu leben, habt ihr euch ‚in einen gegenseitigen Dienst‘ gestellt. So lebt man Freiheit in der Familie! Da gibt es keine ‚Planeten‘ oder ‚Satelliten‘, die jeweils auf ihrer eigenen Umlaufbahn unterwegs sind. Die Familie ist der Ort der Begegnung, wo man teilt und aus sich heraustritt, um den anderen anzunehmen und ihm/ihr nahe zu sein. Sie ist der erste Ort, an dem man lernt zu lieben. Vergessen wir das nicht: Die Familie ist der erste Ort, an dem man lernt zu lieben.“ (a.a.O., ebd.).

- Die Erziehung von Kindern. Mit Bezug auf das Wort Gottes forderte der Papst die Eltern auf: „Wie wichtig ist es, dass die Eltern die Art und Weise des Handelns Gottes bedenken. Gott liebt die jungen Menschen, aber das bedeutet nicht, dass er sie vor jedem Risiko, jeder Herausforderung und jedem Leid bewahrt. Gott ist nicht ängstlich und überfürsorglich. Bedenkt das wohl: Gott ist nicht ängstlich und überfürsorglich; im Gegenteil, er vertraut ihnen und beruft einen jeden zu einem angemessenen Leben und Dienst. … Liebe Eltern, das Wort Gottes weist uns den Weg: Ihr sollt eure Kinder nicht vor jeder Art von Schwierigkeiten und Leiden bewahren, sondern versuchen, ihnen die Leidenschaft für das Leben zu vermitteln, in ihnen den Wunsch zu wecken, ihre Berufung zu finden und den großen Auftrag anzunehmen, den Gott für sie vorgesehen hat. … Liebe Eltern, wenn ihr euren Kindern helft, ihre Berufung zu entdecken und anzunehmen, werdet ihr sehen, dass sie von dieser Sendung „ergriffen“ werden und die Kraft haben werden, die Schwierigkeiten des Lebens zu meistern“ (a.a.O., ebd.).

- Ein gutes Beispiel geben. Der Papst sagt, „dass ein Erzieher einem anderen am besten helfen kann, seiner Berufung zu folgen, wenn er seine eigene mit treuer Liebe annimmt. … (Es) gibt … für Kinder nichts Ermutigenderes, als zu sehen, wie ihre Eltern ihre Ehe und Familie in Treue und Geduld als eine Berufung leben, trotz mancher Schwierigkeiten, Kummer und Prüfungen. Und was Jesus in Samaria widerfuhr, geschieht in jeder christlichen Berufung, auch in der Berufung zum Familienleben. Das kennen wir alle: Es gibt Momente, in denen man Widerstände, Verschlossenheit und Unverständnis, die aus dem menschlichen Herzen kommen, auf sich nehmen muss, um sie mit der Gnade Christi in Annahme des anderen, in ungeschuldete Liebe zu verwandeln“ (a.a.O., ebd.).

- Mit dem Herrn unterwegs sein. Die Berufung eines jeden Jüngers besteht darin, Jesus nachzufolgen. Das heißt, „in Bewegung zu sein und immer in Bewegung zu bleiben, immer mit ihm durch die Höhen und Tiefen des Lebens zu ‚reisen‘. Wie sehr trifft das auf euch Verheiratete zu! Auch ihr habt mit der Entscheidung für Ehe und Familie euer ‚Nest‘ verlassen und euch auf eine Reise begeben, von der ihr im Voraus nicht alle Teilstrecken kennen konntet und die euch ständig in Bewegung hält, mit immer neuen Situationen, unerwarteten Ereignissen und Überraschungen, die manchmal auch schmerzvoll sind. So ist es auf der Reise mit dem Herrn. Sie ist dynamisch, sie ist unvorhersehbar und sie ist immer eine wunderbare Entdeckung“ (a.a.O., ebd.).

- Ohne Nostalgie nach vorne schauen. Wir müssen den Mut haben, Versuchungen zu überwinden und bei der Erfüllung von Gottes Plan voranzuschreiten. „Liebe Familien, auch ihr seid eingeladen, keine anderen Prioritäten zu setzen, nicht ‚zurückzublicken‘, d.h. dem früheren Leben, der früheren Freiheit und den diesbezüglichen Illusionen nicht nachzutrauern: das Leben verkrustet, wenn es sich nicht auf das Neue des Rufes Gottes einlässt und dem Vergangenen hinterhertrauert. Wenn wir dem Vergangenen nachtrauern und das Neue, das Jesus uns schenken möchte, nicht annehmen, lässt uns das verkrusten, immer; das macht uns hart, das macht uns nicht menschlich. Wenn Jesus ruft, auch zu Ehe und Familie, fordert er uns auf, nach vorne zu schauen, und er kommt uns in der Liebe und im Dienen immer zuvor. Diejenigen, die ihm folgen, werden nicht enttäuscht werden“ (a.a.O., ebd.).

- Unterstützung durch die Kirche. Während er hervorhebt, dass es notwendig ist, die Familie vor verschiedenen Angriffen zu schützen, richtet der Heilige Vater ermutigende Worte an die grundlegende Zelle von Gesellschaft und Kirche: „Daher haben wir, gerade wenn wir die Schönheit der Familie betonen, mehr denn je das Gefühl, dass wir sie verteidigen müssen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie durch die Gifte des Egoismus, des Individualismus, der Kultur der Gleichgültigkeit sowie der Wegwerfmentalität verunreinigt wird und so ihre ‚DNS‘, nämlich die Bereitschaft einander anzunehmen und den Geist des Dienens, verliert. Das ist der Familie eigen: die Bereitschaft einander anzunehmen und einander zu dienen. … Die Kirche ist mit euch, ja, die Kirche ist in euch! Die Kirche ist in der Tat aus einer Familie, nämlich aus der Familie von Nazaret, hervorgegangen und sie setzt sich hauptsächlich aus Familien zusammen. Möge der Herr euch jeden Tag helfen, in Einheit, Frieden und Freude zu leben und in schwierigen Zeiten durchzuhalten – diese treue Ausdauer lässt uns besser leben und zeigt allen, dass Gott Liebe und Lebensgemeinschaft ist“ (a.a.O., ebd.).

Liebe Schwestern und Brüder, wir vertrauen die Umsetzung dieser Überlegungen der Heiligen Familie von Nazareth an, nicht nur dem heiligen Josef und der Gottesmutter Maria, sondern vor allem dem Herrn Jesus, dem Gott und Menschen. Wir beten für alle Familien, vor allem für jene, die Krisen durchleben, auf dass sie den christlichen Glauben und damit die Schönheit ihrer Berufung wiederentdecken und mit der Kraft des Heiligen Geistes „das Evangelium der Familie“ leben können: „Freude für die Welt“ (11. Weltfamilientreffen 2018 in Dublin). Amen.

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