Predigt von Nuntius Eterovic am Hochfest von Pfingsten

Apostolische Nuntiatur, 31. Mai 2020

(Apg 2,1-11; Ps 104; 1 Kor 12,3b-7.12-13; Joh 20,19-23)

Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe.

Liebe Schwestern und Brüder!

Diese Worte aus dem Gebetsschatz der Kirche helfen uns, die heutige Liturgie gut zu verstehen, in der wir Gott, den Vater, anflehen, er möge die Gabe des Heiligen Geistes über uns und die Kirche ausgießen. Voller Freude beten wir im Tagesgebet, das den Inhalt des heutigen Hohen Pfingstfestes, dem fünfzigsten Tag nach Ostern, zusammenfasst: „Allmächtiger, ewiger Gott, durch das Geheimnis des heutigen Tages heiligst du deine Kirche in allen Völkern und Nationen. Erfülle die ganze Welt mit den Gaben des Heiligen Geistes, und was deine Liebe am Anfang der Kirche gewirkt hat, das wirke sie auch heute in den Herzen aller, die an dich glauben“.

Mit diesem Gebet bitten wir Gott, die Kirche im Heiligen Geist zu heiligen. Die Heiligung ist dem Geist eigen, den der auferstandene Jesus in Fülle ausgießt (vgl. Joh 3,34). Dieses Werk erstreckt sich über die ganze Kirche in allen Nationen. Noch mehr bitten wir den Vater um zwei wesentliche Eigenschaften und Ziele der Kirche: um ihre Glaubwürdigkeit und um ihre missionarische Dimension. Dies wird durch das Gebet ausgedrückt, die Gaben des Heiligen Geistes über die ganze Welt bis an die Grenzen der Erde auszugießen. Die Heiligung der Kirche wird erbeten mit der Bitte, die Wunder am Beginn ihrer Predigt des Evangeliums auch heute zu wirken. Eine der wesentlichen Merkmale der Kirche ist die Heiligkeit. Allein die eine und durch den Heiligen Geist geheiligte Kirche ist des Glaubens würdig. Die Gegenwart des Heiligen Geistes versichert der Kirche die Heiligkeit, auch wenn sie zugleich sündig aufgrund der sündigen Gläubigen ist, die dennoch zur Heiligkeit berufen sind.

Die Lesungen des heutigen Hochfestes helfen uns, die Symbole zu erfassen (I), über welche der Geist die Gaben schenkt und Wunder tut (II), deren auch wir in unserem persönlichen, familiären, gemeinschaftlichen und kirchlichen Leben bedürfen.

1. Die Symbole des Geistes

Im Unterschied zu Jesus, der sichtbar war, weil er Mensch und Gott ist, bleibt der Heilige Geist unsichtbar und zeigt sich durch Symbole. Nach der Apostelgesichte sind diese der Wind und die Feuerzungen.

Der Sturmwind – ist das erste, was in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist. „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen“ (Apg 2,2). Jesus hat das Symbol vom Wind benutzt, um das Wirken des Heiligen Geistes zu zeigen. Im Gespräch mit Nikodemus sagte er: „Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren ist“ (Joh 3,8). Der Sturmwind erfüllte das ganze Haus, wo die Jünger Jesu waren. Dieser steht aber auch für die Dynamik, die nicht in einem Haus eingeschlossen werden kann, an einem abgeschlossenen Ort, sondern sich aufgrund seiner Natur überall ausbreiten muss. Der Sturmwind symbolisiert daher die Mission der Kirche, die dem Geist folgen und das Evangelium Jesu Christi dort verkünden muss, wohin der Heilige Geist sie führt.

Die Feuerzungen. Der inspirierte Verfasser der Apostelgeschichte spricht von Feuerzungen und vereint so zwei Symbole in eines. Eigentlich ist das Feuer Symbol des Heiligen Geistes, das auch Jesus Christus selbst benutzt hat: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen! Ich muss mit einer Taufe getauft werden und wie bin ich bedrängt, bis sie vollzogen ist“ (Lk 12,49-50). Der Heilige Geist reinigt die Herzen der Menschen und gibt eine neue Dynamik. Er ist außerdem verbunden mit dem Sakrament der Taufe, das im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes gespendet und womit der Gläubige befähigt wird, Zeugnis bis hin zum Martyrium davon zu geben, dass „Jesus der Herr ist“ (1 Kor 12,3). Mit dem Symbol der Zungen wird die Predigt der Jünger Jesu nach dem Kommen des Heiligen Geistes angezeigt. „Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“ (Apg 2,4). Es handelt sich um eine von der gewohnten Weise unterschiedene Art zu sprechen. Hierbei könnte man an ein ekstatisches Sprachgeschehen dergestalt denken, das inhaltlich von den Leuten verstanden wurde, denn im Text heißt es: „Wir hören sie in unseren Sprachen Gottes große Taten verkünden“ (Apg 2,11). Die Kirche verkündet auch am heutigen Tag das Evangelium Jesu Christi in allen Sprachen der Welt. Auf diese Weise wirkt das Pfingstgeschehen weiter. Leider müssen wir in vielen kirchlichen Feldern eine gewisse Müdigkeit feststellen, ein sich Einschließen in die eigenen materiellen und kulturellen Räume und eine nur geringe missionarische Dynamik. Daher haben wir dringend das Feuer des Heiligen Geistes nötig, der in der Lage ist, der Kirche den Enthusiasmus und die Gabe der Sprachmächtigkeit zurückzugeben, die sie am Anfang der Verkündigung hatte.

2. Die Gaben des Geistes.

Die heutigen Lesungen berichten uns von folgenden Gaben des Geistes: vom Frieden, von der Freude, von der Einheit.

Der Friede. Er ist das Geschenk des Herrn Jesus. Am Abend des Ostersonntags ist der auferstandene Jesus den Seinen erschienen und grüßt sie mit den Worten: „Der Friede sei mit euch!“ (Joh 20,19.21). Er hat über sie die den Heiligen Geist ausgegossen und ihnen den Dienst der Vergebung von Sünden aufgetragen: „Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten“ (Joh 20,22-23). Das Einhauchen des Geistes meint die von Jesus Christus im Ostergeheimnis gewirkte neue Schöpfung im Vergleich zur ersten Schöpfung, denn „da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen“ (Gen 2,7). Das Sakrament der Versöhnung ist die Quelle des inneren Friedens im Menschen, das sodann in der weiteren Verbreitung auch einen positiven Einfluss auf das familiäre und soziale Umfeld hat. Die mit dem Herrn durch den Geist versöhnte Kirche verkündet und fördert den Frieden in unserer Welt, wo es leider viel Gewalt, Terrorismus und Kriege gibt.

Die Freude. Die Jünger waren voller Freude über die Begegnung mit dem Auferstandenen. Nachdem er ihnen den Frieden geschenkt hatte, zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite, „da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen“ (Joh 20,20). Die Freude hat im Christentum eine unverwechselbare Eigenschaft, weil sie ihre Bedeutung auch in Leiden, Schwierigkeiten und Verfolgungen behält. Sie gründet sich auf das Wort Jesu Christi und auf das Geheimnis, das er den Seinen beim letzten Abendmahl vor seinem Leiden und Tod geoffenbart hat: „Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird“ (Joh 15,11). Wir brauchen den Heiligen Geist, um diese Wahrheit des Evangeliums zu leben, das eine Freudenbotschaft ist: Evangelium bedeutet gute oder auch frohe Botschaft. Auch heute haben Kirche und Welt von der Freude des Evangeliums erfüllte Evangelisatoren nötig, wozu allein der Heilige Geist führen und leiten kann.

Die Einheit. Sie ist in der Vielfalt ein Geschenk des Heiligen Geistes. Der Heilige Paulus hat dies im 1. Korintherbrief sehr gut beschrieben: „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist“ (1 Kor 12,4). In der Folge gibt der Völkerapostel ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung der Charismen an: „Jedem aber wird die Offenbarung des Geistes geschenkt, damit sie anderen nützt“ (1 Kor 12,7). Es braucht stets einen Ausgleich zwischen der Einheit und der Vielheit oder besser gesagt, die Vielfalt, die nicht die Einheit zerstört, bereichert sie mit der Verschiedenheit der sprachlichen Ausdrücke, Darstellungen, Erfahrungen und Traditionen.

Vertrauen wir unsere Überlegungen der Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche, die mit den anderen im Abendmahlssaal war, als der Heilige Geist vom Himmel herab kam (vgl. Apg 1,14). Sie möge für die Kirche von Ihrem Sohn Jesus alle Gaben des Heiligen Geistes erflehen, damit Gott auch heute in der Gemeinschaft der Glaubenden die Wunder vollbringt, wie sie am Anfang der Verkündigung des Evangeliums geschehen sind. Amen.

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