Predigt von Nuntius Eterovic in der Feier der Heiligen Osternacht

Apostolische Nuntiatur, 11. April 2020

(Gen 1,1-2,2; Ex 14,15-15,1; Ez 36,16-28; Röm 6,3-11; Mt 28,1-10)

Feier der Osternacht

„Seid gegrüßt! … Fürchtet euch nicht!“ (Mt 28,9.10).

Liebe Schwestern und Brüder!

Diese Worte richtet der auferstandene Jesus Christus auch an uns. Das erste: Seid gegrüßt hat im griechischen Original Chairete (χαίρετε) im weiten Sinn die Bedeutung von Freude. Der Auferstandene ruft uns zur Freude, die in seinem Sieg über Sünde und Tod gründet. Der gekreuzigte Herr, der ins Grab gelegt wurde, ist auferstanden! Er lebt und verheißt allen, die an ihn glauben, das Leben. Im Licht dieses in der Geschichte einzigartigen Geschehens erfassen wir gut und in großer Freude die Verheißung Jesu: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (Joh 11,25-26). Das zweite Wort: Fürchtet euch nicht ist mit der Sendung verbunden: „Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen“ (Mt 28,10). Die Verkündigung der Auferstehung Jesu Christi, Licht der Welt (I), die eine neue Schöpfung errichtet (II), muss allen Menschen mitgeteilt werden (III).

1. Christus, Licht der Welt

Liebe Brüder und Schwestern, der Diakon trägt die brennende Osterkerze in die dunkle Kirche und ruft dreimal: Lumen Christi, Christus, Licht der Welt. Die Gemeinde antwortet: Deo gratias – Dank sei Gott – und die Kirche wird allmählich heller durch die entzündeten Osterkerzen der Gläubigen. Das ist ein sprechendes Symbol in der Liturgie der Osternacht, das uns hilft, zur Freude der Kirche über die Auferstehung ihres Herrn vorzudringen. Die ganze Liturgie dieser heiligen Nacht ist ausgerichtet auf das Geheimnis des Lichtes. Dabei ist die Quelle, das Zentrum und der Höhepunkt dieses Lichtes Jesus Christus, der machtvoll als Sieger ausruft: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben“ (Joh 8,12).

Die Osterkerze symbolisiert Jesus Christus, das Licht der Welt. Er zerstreut die Finsternis der Gottfeindlichkeit und entzündet das Licht der Wahrheit, der Hoffnung und der Liebe. Im Hohen Osterlob, dem Exultet, das ein Lobgesang auf die Osterkerze ist, wird dies mehrfach besungen. So wird beispielsweise daran erinnert: „Dies ist die Nacht, von der geschrieben steht: Die Nacht wird hell wie der Tag, wie strahlendes Licht wird die Nacht mich umgeben.“ Indem die Lesung mit dem Abschnitt des Auszugs des Volkes Israel aus der Knechtschaft in Ägypten (vgl. Ex 14,15-15,1) vorweggenommen wird, heißt es im Osterlob: „Dies ist die Nacht, die unsere Väter, die Söhne Israels, aus Ägypten befreit und auf trockenem Pfad durch die Fluten des Roten Meeres geführt hat. Dies ist die Nacht, in der die leuchtende Säule das Dunkel der Sünde vertrieben hat“. Die Kirche bittet den allmächtigen Gott um Annahme der Osterkerze, deren Duft sich mit den Sternen am Himmel verbindet: „Sie leuchte, bis der Morgenstern erscheint, jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht: dein Sohn, unser Herr Jesus Christus, der von den Toten erstand, der den Menschen erstrahlt im österlichen Licht; der mit dir lebt und herrscht in Ewigkeit“.

2. Auferstehung – neue Schöpfung

Bei der Schöpfung von Welt und Mensch nimmt das Licht einen wichtigen Platz ein. Um die Urflut zu ordnen, die von Finsternis umgeben war, schuf JHWH als erstes das Licht: „Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis. Und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht“ (Gen 1,3-5). Diese erste Schöpfung wurde durch die Sünde der Stammeltern Adam und Eva befleckt. Gott ist seinem erwählten Volk auf vielfache Weise und zu unterschiedlichen Zeiten zu Hilfe gekommen, wie wir in den biblischen Lesungen dieser heiligen Nacht gehört haben. In seiner großen Güte hat Gott eine andere Schöpfung vorbereitet, die noch schöner als die erste ist und durch Jesus Christus mit seiner Auferstehung errichtet wurde. Daher ist der Jubel des Lobgesangs auf die Osterkerze nicht verwunderlich: „O wahrhaft heilbringende Sünde des Adam, du wurdest uns zum Segen, da Christi Tod dich vernichtet hat. O glückliche Schuld, welch großen Erlöser hast du gefunden!“.

Das Evangelium berichtet uns von der heiligen Nacht der Auferstehung des Herrn Jesus. Die Auferstehung ist ein geschichtliches Ereignis, geschieht in der Geschichte, doch es übersteigt die Kategorien von Raum und Zeit. Viele Künstler haben sich das Ereignis der Auferstehung und den Moment, da der Herr aus dem Grab heraustrat, vorgestellt. Die Berichte der Evangelisten sind viel nüchterner. Sie beschreiben dies unbeschreibliche Ereignis durch Symbole, Erfahrungen und Erscheinungen des Auferstandenen. Im Matthäusevangelium spielt das Licht wiederum eine wichtige Rolle, um das Außergewöhnliche des Geschehens anzuzeigen. Das Licht wird im Engel reflektiert, den die beiden Maria, „Maria von Magdala und die andere Maria“ (Mt 28,1), sehen: „Sein Aussehen war wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee“ (Mt 28,3). Der Evangelist notiert zwei unterschiedliche Reaktionen auf dieses Licht. Die Wachen zitterten und waren benommen vor Angst angesichts der Macht dieses Lichts, das von einem großen Erdbeben begleitet wurde. Die Soldaten konnten die gute Nachricht von der Auferstehung des Herrn nicht erfassen und blieben daher in ihrer Angst. Im Gegensatz dazu waren die beiden Frauen, die Jesus liebten und über seinen Tod weinten, offen für die Aufnahme der frohen Botschaft. Auch sie waren in Furcht vor dem, was geschehen war, doch ihre Furcht war mit Freude über die unerwartete Nachricht durchsetzt. Und diese Freude war stärker als die Angst, welche die Wachen lähmte. Die beiden Frauen waren bereit, Zeugen der Botschaft des Engels zu werden. Aus diesem Grund hat der Engel, nachdem er sie ermunterte: „Fürchtet euch nicht!“, die Auferstehung Jesu verkündet: „Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat“ (Mt 28,6). Danach hat er ihnen die Mission anvertraut, den Aposteln zu berichten: „Geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen“ (Mt 28,7). Diese Mission wird vom auferstandenen Jesus selbst bestätigt, als er den Frauen erschien. Nachdem er sie begrüßt und somit zur Freude ermuntert hat, bestätigte der Auferstandene den Auftrag, seinen Jüngern die große Wahrheit zu verkünden, daß sie ihm in Galiläa begegnen werden (vgl. Mt 28,10).

3. Zeugen des Auferstandenen

Liebe Brüder und Schwestern, diese heilige Nacht ist erfüllt von Licht und Freude. Wir leben in schwierigen Zeiten, für viele sind dramatische. Die Corona-Pandemie hat tausenden unserer Brüder und Schwestern den Tod gebracht und unzähliges Leid über ihre Familien und Freunde gebracht, die sie weder zum Tod begleiten, noch ihnen ein reguläres Begräbnis ausrichten konnten. In dieser Situation, die der Trostlosigkeit der Nacht des Karfreitags entspricht, erscheint das Licht Jesu Christi, des Siegers über Tod und Sünde, welcher die Ursache ist. Er ist viel stärker als die Mächte der Finsternis. Er gibt uns die Kraft, das Corona-Virus wie alle anderen Krankheiten zu besiegen. Er hilft uns, auch den letzten Feind zu besiegen, was noch viel wichtiger ist, nämlich den Tod, den wir alle erleiden werden, um das Licht des ewigen Lebens zu erreichen. Durch die Gnade des Heiligen Geistes sind wir mit allen Heiligen vereint, vor allem mit der seligen Jungfrau Maria, der Mutter Jesu und Mutter der Kirche, und freuen uns über diese gute Nachricht, welche durch das Opfer am Kreuz vom Herrn Jesus Christus verdient worden ist. Diese Frucht der Erlösung schenkt er uns aus reiner Gnade. Es handelt sich um eine neue Schöpfung, eine Heilsbotschaft für jeden Menschen und die ganze Welt. Daher lädt uns der auferstandene Herr ein, seine Missionare zu werden und den Nahen und Fernen mit Freude und ohne Furcht die große Wahrheit zu verkünden, welche die Welt verändert hat: „Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden“ (Mt 28,6). Amen.

 

Zurück