Predigt von Nuntius Eterovic zum Abschluß des Fatima-Jahres in der Diözese Würzburg

Wallfahrtskirche Mariä Geburt in Höchberg bei Würzburg, 13. Oktober 2021

(Dan 7,2-8; Lk 1,46-53; Röm 12,1; Joh 3,5-7.14-17)

„Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird“ (Joh 3,17).

Liebe Schwestern und Brüder!

Diese Worte bekommen hier in der Wallfahrtskirche Mariä Geburt von Höchberg eine besondere Bedeutung. Sie erinnern an den universalen Heilswillen unseres guten und barmherzigen Gottes. Denn er will, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4). Das Heil erlangt, wer sich bekehrt und glaubt, wie es Jesus Christus sagt: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium“ (Mk 1,15). Die selige Jungfrau Maria hat diese Wahrheit in ihren Erscheinungen an die drei Kinder von Fatima, Lucia dos Santos, Giacinta und Francesco Marto, bestätigt und ermuntert alle zu Gebet und Buße, wobei sie besonders das Rosenkranzgebet und die Verehrung ihres unbefleckten Herzens empfiehlt.

Das Jahr des Heiligen Josef

Nach der Entscheidung des Heiligen Vaters Franziskus befinden wir uns in dem Jahr, das in besonderer Weise dem Heiligen Josef geweiht ist, dem Bräutigam der Gottesmutter und Pflegevater Jesu Christi, der ebenfalls in der letzten Erscheinung von Fatima am 13. Oktober 1917 erschienen ist. Das Jahr des Heiligen Josef hat am 08. Dezember 2020 begonnen und wird am kommenden 08. Dezember enden, am Tag der Unbefleckten Empfängnis der Seligen Jungfrau Maria. Daher wollen wir auch seinen Schutz als Patron der Kirche erflehen, für uns hier und für unsere Familien, für die Diözese Würzburg, für die katholische Kirche in Deutschland und in der ganzen Welt.

Ich danke herzlich dem Hochwürdigen Herrn Pfarrer Christan Stadtmüller, dem Diözesanleiter des Fatima-Weltapostolates der Diözese Würzburg, für die freundliche Einladung, der ich im vergangenen Jahr wegen der Corona-Pandemie nicht folgen konnte. Danken wir der göttlichen Vorsehung für die Gnade, dass wir heute hier sein zu können. Als Vertreter des Heiligen Vaters in der Bundesrepublik Deutschland grüße ich Sie alle im Namen von Papst Franziskus, dem Bischof von Rom und Hirten der Universalkirche. Als Nachfolger des Heiligen Petrus ist er „das immerwährende, sichtbare Prinzip und Fundament für die Einheit der Vielheit von Bischöfen und Gläubigen“ (Lumen gentium, 23). Am Ende der Heiligen Messe erteile ich Euch gerne den Apostolischen Segen.

Pilgerfahrten der Päpste nach Fatima

Wie bekannt, erschien die selige Jungfrau Maria den drei Kindern vom 13. Mai bis 13. Oktober 1917 einmal im Monat in Cova da Ira nahe Fatima in Portugal. Dieser Ort wurde zum bekannten Marienheiligtum, das verschiedene Päpste besucht haben. Geistlich eins mit ihnen, wollen auch wir uns zu einer Art Wallfahrt im Geiste aufmachen und uns an deren Überlegungen erinnern, die für die Kirche aktuell bleiben, und uns mit ihrem Gebet für Kirche und Welt vereinen.

Der Heilige Papst Paul VI. Er war der erste Papst, der das Heiligtum von Fatima am 13. Mai 1967 besucht hat. Bei dieser Gelegenheit hat der heilige Papst in zwei Anliegen besonders gebetet: für die Kirche und für den Frieden in der Welt. Mit Blick auf die erste Intention hat er präzisiert, für eine Kirche zu beten, die „eins, heilig, katholisch und apostolisch ist. Wir wollen, wie Wir sagten, für deren inneren Frieden beten. …. Wir wollen von Maria eine lebendige Kirche, eine wahre Kirche, eine Kirche in Einheit, eine heilige Kirche erbitten“ (Predigt am 13. Mai 1967). Die Schlussworte der Predigt, welche die Hauptbotschaft der Gottesmutter reflektieren, sind bedeutsam: „Seht, Brüder und Schwestern, die ihr Uns hier hört, das Bild der Welt und ihrer Schicksale, das sich hier unermesslich groß und dramatisch zeigt. Es ist das Bild, das uns die Gottesmutter vor uns erscheinen lässt, das Bild, das wir mit staunenden und immer vertrauensvollen Augen betrachten; das Bild, dem wir uns immer nähern wollen, was wir versprechen, indem wir der Weisung der Gottesmutter folgen, das Sie uns selbst gegeben hat; dem des Gebetes und der Buße; und weswegen wir zu Gott flehen, diese Welt wolle niemals mehr Auseinandersetzungen, Tragödien und Katastrophen erleben, sondern die Erfolge der Liebe und Siege des Friedens“ (ebd.).

Johannes Paul II. Allen ist die tiefe Verbindung von Papst Johannes Paul II. mit der Gottesmutter von Fatima bekannt, deren Heiligtum er dreimal besucht hat. Er wurde am 13. Mai 1981 auf dem Petersplatz durch ein Attentat schwer verwundet. Im darauffolgenden Jahr reiste er vom 12. bis 15. Mai nach Portugal und hat auch das Heiligtum von Fatima besucht. Bei der Heiligen Messe am 13. Mai sagte er: „Ich komme heute hierher, weil sich an diesem Tag im vergangenen Jahr auf dem Petersplatz ein Attentat auf das Leben des Papstes ereignet hat, was geheimnisvoll mit dem Jahrestag der ersten Erscheinung von Fatima vom 13. Mai 1917 zusammenfällt. Diese Daten sind auf eine solche Weise zusammengetroffen und ließen mich den besonderen Ruf erkennen, hierher zu kommen. Und siehe, heute bin ich hier. Ich bin gekommen, um der göttlichen Vorsehung an diesem Ort Dank zu sagen, den die Muttergottes in so besonderer Weise gewählt hat. „Die Huld des HERRN ist nicht erschöpft, sein Erbarmen ist nicht zu Ende“ (Klg 3,22) sage ich nochmals mit dem Propheten“. Der Papst dankte der seligen Jungfrau Maria für ihren Schutz, womit sie ihm das Leben gerettet hat. Er ließ eine der Kugeln der beiden Projektile, die ihn töten sollten, in die Krone der Marienstatue von Fatima einfügen. Papst Johannes Paul II. wandte sich mit vertrauensvollen Worten durch die Weihe an die Jungfrau: „Dir sei die Welt, alle Menschen und Völker anvertraut, o Mutter, wir vertrauen dir auch die Weihe für die Welt an, und schließe sie in dein mütterliches Herz (Gebet zur Weihe an die Jungfrau von Fatima am 13. Mai 1982). Diesen Akt des Anvertrauens hat Johannes Paul II. während seiner zweiten Apostolischen Reise vom 10. bis 13. Mai 1991 wiederholt. „In kollegialer Einheit mit den Hirten in der Gemeinschaft mit dem ganzen Volk Gottes, das in jedem Winkel dieser Erde verstreut ist, erneuere ich auch heute an Dich das kindliche Anvertrauen des Menschengeschlechts“ (13. Mai 1991).

Der Papst besuchte vom 12. und 13. Mai 2000 zum dritten Male Fatima, um die Hirtenkinder Giacinta und Franceso seligzusprechen. In der Heiligen Messe zur Seligsprechung sagte der Papst unter anderem: „Hier in Fatima, wo diese Zeiten der Drangsal angekündigt worden sind und die Muttergottes zu Gebet und Buße aufforderte, um sie abzukürzen, will ich heute dem Himmel Dank sagen für die Kraft des Zeugnisses, die sich in all diesen Lebensgeschichten erwiesen hat. Und noch einmal möchte ich die Güte des Herrn mir gegenüber erwähnen, als ich, hart getroffen, an jenem 13. Mai 1981 vom Tode errettet wurde. Meine Dankbarkeit gilt auch der sel. Jacinta für die Opfer und Gebete, die sie für den Heiligen Vater darbrachte, den sie so sehr hat leiden sehen“ (13. Mai 2000).

Papst Benedikt XVI. hat Portugal vom 11. bis 14. Mai 2010 aus Anlass des zehnten Jahrestages der Seligsprechung von Giacinta und Francesco, wie zum Ende des Priesterjahres besucht. In seiner Begrüßungsansprache brachte er die Bedeutung der Erscheinungen von Fatima zum Ausdruck: „Die Jungfrau Maria ist vom Himmel gekommen, um uns an Wahrheiten des Evangeliums zu erinnern, die für eine lieblose und heilsvergessene Menschheit die Quelle der Hoffnung bilden. Diese Hoffnung besitzt als erste und grundlegende Dimension natürlich nicht die horizontale, sondern die vertikale und transzendente Beziehung. Die Beziehung mit Gott ist für den Menschen wesentlich: er ist auf Gott hin geschaffen und ausgerichtet; er sucht die Wahrheit in der eigenen Erkenntnisstruktur; er strebt in der Willenssphäre nach dem Guten, und er ist in seiner ästhetischen Dimension von der Schönheit angezogen. Das Gewissen ist in dem Maße christlich, wie es sich der Fülle des Lebens und der Weisheit öffnet, die wir in Jesus Christus haben“ (11. Mai 2010). Als er die Kapelle der Erscheinungen besuchte, sagte der Papst unter anderem: „Der ehrwürdige Diener Gottes Papst Johannes Paul II. ist dreimal hierher zu dir nach Fatima gekommen und hat der ‚unsichtbaren Hand‘ gedankt, die ihn vor fast dreißig Jahren beim Attentat am 13. Mai auf dem Petersplatzvor dem Tod gerettet hat. Er hat dem Heiligtum von Fatima eine Kugel geschenkt, die ihn schwer verletzt hatte und die in deine Krone der Königin des Friedens eingesetzt wurde. Wie tröstlich ist es zu wissen, daß du nicht nur eine Krone aus dem Gold und Silber unserer Freuden und Hoffnungen trägst, sondern auch aus den ‚Kugeln‘ unserer Sorgen und Leiden“ (12. Mai 2010). Beim Akt des Anvertrauens und der Weihe der Priester an das unbefleckte Herz Mariens sprach der Papst folgende Worte: „Mit diesem Akt des Anvertrauens und der Weihe wollen wir dich auf tiefere und vollständigere Weise, für immer und ganz in unser Leben als Menschen und Priester hineinnehmen“ (12. Mai 2010). Bei der Kerzenweihe im Heiligtum von Fatima ermunterte er die Gläubigen zum Rosenkranzgebet: „An diesem Ort sehen wir voll Staunen, wie sich drei Kinder von der inneren Kraft ergreifen ließen, die sie bei den Erscheinungen des Engels und der himmlischen Mutter durchdrungen hat. Lassen wir uns hier, wo wir so oft dazu aufgefordert wurden, den Rosenkranz zu beten, von den Geheimnissen Christi anziehen, den Rosenkranzgeheimnissen Marias. Das Rosenkranzgebet erlaubt uns, unseren Blick und unser Herz auf Jesus zu richten, so wie Maria es tat, die das unübertreffliche Vorbild der Betrachtung des Sohnes ist. Wenn wir beim Beten der ‚Gegrüßet seist du, Maria‘ die freudenreichen, lichtreichen, schmerzhaften und glorreichen Geheimnisse meditieren, betrachten wir das gesamte Geheimnis Christi, von der Menschwerdung bis zum Kreuz und der Herrlichkeit der Auferstehung; wir betrachten die innige Teilhabe Marias an diesem Geheimnis und an unserem Leben in Christus heute, das auch von Zeiten der Freude und des Schmerzes durchwoben ist, von Schatten und Licht, von Sorge und Hoffnung. Die Gnade dringt in unser Herz und weckt das Verlangen, unser Leben nachhaltig gemäß dem Evangelium zu verändern, damit wir mit dem heiligen Paulus sagen können: ‚Für mich ist Christus das Leben‘ (Phil 1,21) und in einer Lebens- und Schicksalsgemeinschaft mit Christus stehen“ (12. Mai 2010). Nach Papst Benedikt XVI. behält die Mission von Fatima ihre Gültigkeit: „Wer glaubt, daß die prophetische Mission Fatimas beendet sei, der irrt sich. Hier an diesem Ort wird jener Plan Gottes wieder lebendig, der die Menschheit seit frühesten Zeiten mit der Frage konfrontiert: ‚Wo ist dein Bruder Abel? […] Das Blut deines Bruders schreit zu mir vom Ackerboden‘ (Gen 4,9). Dem Menschen ist es gelungen, einen Kreislauf des Todes und des Schreckens zu entfesseln, den er nicht mehr zu durchbrechen vermag… In der Heiligen Schrift ist häufig davon die Rede, daß Gott nach Gerechten sucht, um die Stadt der Menschen zu retten, und ebendies tut er hier, in Fatima, wenn die Muttergottes die Frage stellt: ‚Wollt ihr euch Gott hingeben, um alle Leiden ertragen zu können, die er euch aufzubürden gedenkt, als Sühne für die Sünden, durch die er geschmäht wird, und als flehentliche Bitte um die Bekehrung der Sünder?‘ (Memorias da Irmã Lúcia [Erinnerungen von Schwester Lucia], I, 162)“ (Predigt am 13. Mai 2010). Er ermahnte die Organisatoren der Sozialpastoral, die „Tätigkeit im Bereich der Betreuung, der Erziehung und der Caritas soll von Projekten der Freiheit ergänzt werden, die auf der Suche nach der universalen Brüderlichkeit den Menschen fördern“ und er schließt mit den Worten: „All dies verbindet sich gut mit der Botschaft der Muttergottes, die an diesem Ort erklingt: Buße, Gebet, Vergebung, die auf die Bekehrung des Herzens zielen. Das ist der Weg, um die Zivilisation der Liebe aufzubauen, deren Samen Gott in das Herz jedes Menschen gelegt hat und den der Glaube an Christus, den Erlöser, wachsen läßt“ (13. Mai 2010).

Papst Franziskus reiste vom 12. bis 13. Mai 2017 nach Fatima zum hundertsten Jahrestag der Erscheinung der Jungfrau in Cova da Iria. Bei dieser Gelegenheit sprach der Hirtenkinder Giacinta und Francesco heilig. In seiner Predigt bei der Heiligen Messe zur Heiligsprechung unterstrich der Heilige Vater unter anderem: „Als Vorbilder haben wir die Heiligen Francesco Marto und Jacinta vor Augen. Die Jungfrau Maria ließ sie in das unermessliche Meer des Lichtes Gottes eintreten und führte sie so zur Anbetung Gottes. Von daher kam ihnen die Kraft, die Widrigkeiten und die Leiden zu überwinden. Die göttliche Gegenwart wurde zu einem festen Bestandteil in ihrem Leben, wie es klar im beharrlichen Gebet für die Sünder und im bleibenden Wunsch, beim im Tabernakel ‚verborgenen Jesus‘ zu verweilen, zum Ausdruck kommt“ (13. Mai 2017). Er bekannte sodann: „Ich konnte nicht umhin, hierher zu kommen, um die Jungfrau und Mutter Maria zu verehren und ihr ihre Söhne und Töchter anzuvertrauen. Unter ihrem Schutzmantel gehen sie nicht verloren; aus ihren Armen werden sie die Hoffnung und den Frieden bekommen, deren sie bedürfen; und darum bitte ich für alle meine Brüder und Schwestern, für die Getauften und die ganze Menschheit, insbesondere für die Kranken und Behinderten, die Gefangenen und Arbeitslosen, die Armen und Verlassenen“ (ebd.).

Liebe Brüder und Schwestern, mit der Botschaft der Jungfrau von Fatima wollte Gott den Aufruf zur Umkehr, zu Gebet und Buße erneuern, damit sein Bild der Liebe und des Heils sich verwirkliche. „Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat“ (Joh 3,16). Vertrauen wir unser Gebet für die Kirche und die Welt der Fürsprache der Gottesmutter von Fatima, dem heiligen Josef, ihrem keuschen Bräutigam, auf dass dieses Projekt Gottes, des Vaters, des Sohnes und Heiligen Geistes, sich auch durch unser Zeugnis als Person, in der Familie und in der Kirche realisieren möge, was durch Umkehr, Gebet und Buße geschieht. Wir ergreifen den Ruf des Heiligen Vaters Franziskus und wollen unter dem Schutz Mariens in der Welt sein wie „Wächter, die den Morgen erwarten, die das wahre Antlitz Jesu, des Heilands, im österlichen Glanz betrachten und so das junge und schöne Gesicht der Kirche wiederentdecken können, das strahlt, wenn sie missionarisch, einladend, frei, treu, arm an Mitteln und reich an Liebe ist“ (13. Mai 2017). Amen.

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