Predigt von Nuntius Eterović am Pfingstsonntag

(Apg 2,1-11; Ps 104; Gal 5,16-24; Joh 15,26-27;16,12-15)

„Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen
und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe.“

 

Liebe Brüder und Schwestern!

Mit diesem Gebetsruf zum Evangelium der heutigen Liturgie feiern wir in großer Freude das Hochfest von Pfingsten. Vierzig Tage nach seiner Auferstehung ist der Herr Jesus zum Himmel aufgefahren. Er hat seine Jünger angewiesen, in Jerusalem zu bleiben. Vereint im Gebet, sollten sie auf das Kommen des Heiligen Geistes warten. Der verherrlichte und zur Rechten des Vaters sitzende Herr hat sein Versprechen erfüllt und den Heiligen Geist über die Apostel und die im Abendmahlssaal versammelten Personen ausgegossen. Die Eucharistiefeier erlaubt uns, die Herabkunft des Heiligen Geistes geistlich zu erleben. Wir können dies um so viel stärker, weil wir diese Gabe in den Sakramenten von Taufe und Firmung schon empfangen haben. Wir Priester empfingen sie außerdem noch im Sakrament der Priesterweihe.

Die Lesungen, die wir gehört haben, zeigen uns eine Wirklichkeit, die reich ist an Bezügen zum Heiligen Geist und seinen Gaben. Ich möchte vor allem bei den Symbolen seines Kommens verweilen (I), aber auch bei den beiden Gaben des Geistes, von denen das Johannesevangelium spricht (II).

1. Die Symbole des Heiligen Geistes.

Der unsichtbare Gott wird sichtbar in der Person Jesu Christi. Er hat uns das Geheimnis des einen Gottes in den drei Personen von Vater, Sohn und Heiligem Geist geoffenbart. Während der Sohn Mensch wurde, das Wort Fleisch geworden ist (vgl. Joh 1,14), sind der Vater und der Heilige Geist unsichtbar geblieben, auch wenn die Gläubigen ihre Gegenwart und Wirken in ihrem persönlichen, wie im gemeinschaftlichen Leben in mancher Weise erfassen können. Der Geist, der unsichtbar bleibt, manifestiert sich am Pfingsttag durch drei Symbole: den Wind, die Zungen, das Feuer. Diese drei Symbole, die uns auch im alltäglichen Leben begegnen, sind sehr inhaltsreich.

Der Wind: Nach der Apostelgeschichte geschah an Pfingsten, da „kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen“ (Apg 2,2). Der Geist, der über die Jünger als Sturm gekommen war, entwickelte eine starke Dynamik in ihrem Leben. Diese Charakteristik des Geistes leitet sich auch aus dem hebräischen Wort rûah (רוּחַ) ab, was sowohl Geist, als auch Atem bedeutet. Daher ist das Atmen Zeichen für den lebenden Menschen. In verschiedenen Sprachen gibt es ähnliche Worte, die sowohl Geist, wie auch Atem, Geist und Atemzug bedeuten. Der Wind, der das Haus erfasst, betrifft auch die Apostel: der Geist schenkt den Jüngern Jesu, den Christen im Allgemeinen, eine besondere Dynamik. Sie müssen diese Dynamik aufnehmen, um nicht passiv, unbeweglich zu bleiben. Der Geist hält daher die Christen und damit die Kirche in Bewegung. Der Wind zeigt auch die universale Dimension der Mission an. Das gibt Jesus im Gespräch mit Nikodemus zu verstehen, wenn er sagt: „Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren ist“ (Joh 3,8).

Das Feuer: Auch das Feuer symbolisiert das Kommen des Heiligen Geistes. Wir haben aus der Apostelgeschichte gehört: „Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt“ (Apg 2,3-4). Mit dem Feuer ist der Heilige Geist gemeint, wie es auch im Evangelium heißt. Schon Johannes der Täufer hat eine andere Taufe verheißen, nicht allein die mit Wasser zur Umkehr, sondern eine „mit Heiligem Geist und mit Feuer“ (Mt 3,11). Das Feuer zeigt die reinigende Kraft des Geistes, wie auch die Liebesglut, die reinigt und verändert. Dasselbe hat Jesus verkündet: „Ich bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon brennen!“ (Lk 12,49). Natürlich handelt es sich beim Symbol des Feuers nicht um ein materielles, sondern es geht um einen geistlichen Impuls der Liebe, die ihren Ursprung in Gott hat. „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8) und der Heilige Geist ist der Geist der Liebe, der wie ein Feuer das Herz des Menschen verwandelt, wenn er ihn aufnimmt und Früchte hervorbringt, welche sind: „Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue“ (Gal 5,22).

Die Zungen: Der Geist ist in Form von Zungen aus Feuer erschienen. Nachdem sich diese Zungen auf die Jünger niedergelassen hatten, „wurden (sie) vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab“ (Apg 2,4). Der Geist löst die Zungen und gibt die Fähigkeit zu sprechen. Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Sprache, sondern um eine geistliche. Denn die Jünger verkündeten in verschiedenen Sprachen „die Großtaten Gottes“ (Apg 2,11). Sie begannen, öffentlich das Evangelium, die gute Nachricht zu predigen. Die Gabe der Zungen haben die Pilger geschätzt, die am Pfingsttag aus den verschiedenen Regionen und Nationen nach Jerusalem gekommen waren. Sie staunten über dieses Wunder. Auch wir müssen darüber staunen, daß dank des Heiligen Geistes die Katholische Kirche auch heute fortfährt, in vielen Sprachen der Welt zu sprechen, um das Evangelium Jesu Christi zu verkünden. Es genügt, daran zu erinnern, daß die Bibel entweder ganz oder teilweise in 2.355 Sprachen weltweit übersetzt worden ist.

2. Die zwei besonderen Gaben des Geistes.

Nach dem heutigen Evangelium ist der Heilige Geist unverzichtbar, um Zeugen Jesus Christi werden zu können und um die Wahrheit des Evangeliums des Herrn Jesus zu entdecken.

Zeugen sein. Jesus Christus hat das Kommen des Heiligen Geistes verheißen, den „Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht“ (Joh 15,26), um seine Zeugen zu werden. Der Geist „wird Zeugnis für mich ablegen. Und auch ihr legt Zeugnis ab, weil ihr von Anfang an bei mir seid“ (Joh 15,26-27). Ohne die Kraft des Geistes können die Jünger Jesu kein Zeugnis für ihn ablegen. Das hat Jesus klar vor seiner Himmelfahrt gesagt: „Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige Geist auf euch herabkommen wird; und ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1,8). Der Heilige Petrus ist der Beweis für die Wahrheit dieser Verheißung des Herrn am Pfingsttag. Er, der den Meister dreimal verleugnet hatte, verkündet offen und freimütig die gute Nachricht, nachdem er den Heiligen Geist empfangen hatte. Auch heute bezeugen viele Christen, vom Geist beseelt, ihren Glauben an Jesus Christus bis hin zum Martyrium.

Führer in die ganze Wahrheit. Ein zweiter Aspekt des Wirkens des Heiligen Geistes ist die Erkenntnis der Wahrheit. „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten“ (Joh 16,13). Die Apostel haben die Worte und Gesten Jesu gut verstehen können, doch erst nach Pfingsten, als sie die Gabe des Heiligen Geistes empfangen hatten. Im Licht des Ostergeheimnisses haben sie all das verstanden, was Jesus gelehrt und getan hat. Dieser Prozess der größeren Einsicht in die Schriften dauert bis heute in der Kirche fort, die vom Heiligen Geist geführt wird. Sie bleibt dabei aber in der lebendigen Tradition der Kirche verwurzelt, die vom Lehramt der Kirche richtig ausgelegt wird.

Die Anleitung in die ganze Wahrheit kann nicht zu einer anderen Lehre führen, die vom Herrn Jesus und dem, was er gelehrt hat, getrennt wäre. Denn Jesus betont, der Geist „wird nicht aus sich selbst heraus reden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird“ (Joh 16,13). Es gibt eine tiefe Einheit in Liebe und Wahrheit zwischen Jesus, seinem Vater und dem Heiligen Geist, was man aus folgenden Worten ableiten kann: „Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: (Der Heilige Geist) nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden“ (Joh 16,15). Der auferstandene Herr gießt den Heiligen Geist in Fülle aus (vgl. Joh 3,34). Diese Einheit ist eines der grundlegenden Kriterien der authentischen Verkündigung der Botschaft durch die Jünger Jesu Christi.

Vertrauen wir unsere Überlegungen der mächtigen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche, die sich am Pfingsttag mit den Aposteln und anderen Frauen vereint im Gebet im Abendmahlssaal befand (vgl. Apg 1,14). Sie möge die Fülle der Gnade für uns erflehen und für die ganze Kirche ein neues Pfingsten. Mit der ganzen Kirche verbunden beten wir und rufen: „Komm, Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe.“ Amen.

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