Predigt von Nuntius Eterovic am 2. Sonntag im Jahreskreis

Apostolische Nuntiatur, 16. Januar 2022

(Jes 62,1-5; Ps 96; 1 Kor 12,4-11; Joh 2,1-11)

„Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5).

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Wort Gottes präsentiert uns das Vorhaben der Vermählung von JHWH mit seinem erwählten Volk Israel (I). Dies wird in besonderer Weise durch das Kommen Jesu Christi, des Eingeborenen Sohnes Gottes, in die Welt möglich (II). Die Vermählung mit seinem Volk bringt der Kirche beachtliche Gaben (III). Lassen wir uns vom Heiligen Geist führen, um tiefer in die Bedeutung der Lesungen, die wir gehört haben, einzudringen und die Aktualität der Botschaft für uns und für die heilige Kirche Gottes zu entdecken.

1. Dein Schöpfer wird sich mit dir vermählen (vgl. Jes 62,5)

Um die Beziehung zwischen JHWH und dem erwählten Volk zu beschreiben, werden in der Bibel häufig Sprachbilder der Liebe, der Hochzeit und der Vermählung benutzt. Auch der Prophet Jesaja verwendet solche Bilder, wie wir in der ersten Lesung gehört haben. Gott selbst kommt seinem Volk zu Hilfe, und die anderen Völker sehen seine Gerechtigkeit, alle Völker seine Herrlichkeit (vgl. Jes 62,2). Israel wird nicht länger verlassen sein und sein Land nicht mehr verwüstet. An dieser Stelle verwendet Gott durch seinen Propheten Bilder von der Vermählung, um die neue Beziehung anzuzeigen, die er mit Israel eingehen will. „Ich habe Gefallen an dir und dein Land wird Vermählte genannt“ (Jes 62,4). Gott kündigt an, dass das von ihm gewählte und bevorzugte Land vermählt und einen Bräutigam haben wird (vgl. Jes 62,4). Mehr noch versichert er, Gott selbst werde der Bräutigam Israels sein, so „wie ein junger Mann sich mit einer Jungfrau vermählt“ (Jes 62,5). Diese Beziehung zu seinem Volk, die sich mit Bildern einer Hochzeit ausdrückt, erfüllen Gott mit Freude, der seinen Plan für das auserwählte Volk offenbart und versichert: „Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, so freut sich dein Gott über dich“ (Jes 62,5). Vom Volk erwartet Gott eine Liebesantwort, die darin besteht, von nun an den Bund in Treue zu leben.

2. „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5).

In diesem Zusammenhang einer Vermählung können wir auch das heutige Evangelium verstehen, die Hochzeit zu Kana, Jesu Teilnahme daran und die Mittlerschaft seiner Mutter Maria. Sie erfasst als erste die Schwierigkeit, dass den Brautleuten der Wein ausgeht. Sofort teilt sie dies Jesus mit: „Sie haben keinen Wein mehr“ (Joh 2,3). Dem Austausch zwischen Jesus und seiner Mutter entnehmen wir, wie vertraut sie einander sind. Die selige Jungfrau wendet sich an ihren Sohn Jesus und weiß, er kann das Problem lösen und dem Brautpaar helfen, sich nicht vor den Hochzeitsgästen zu blamieren, weil sie keinen Wein mehr haben, der für eine fröhliche und gelungene Hochzeitsfeier wichtig ist. Auch die wahre Bedeutung der scheinbar vorwurfsvollen Worte, die Jesus an sie richtet, versteht sie: „Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen“ (Joh 2,4). Darum sagt sie zu den Dienern: „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5). Die Fürsprache seiner Mutter Maria beschleunigt das Eingreifen Jesu. Er ordnet an, sechs Krüge, die für die Waschungen bestimmt waren, mit Wasser zu füllen, daraus zu schöpfen und es dem Speisemeister zu bringen, damit er es koste. Inzwischen war das Wasser zu einem ausgezeichneten Wein geworden. Der Speisemeister war überrascht, er wendet sich an den Bräutigam und sagt: „Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt“ (Joh 2,10).

Jesu Anwesenheit bei der Hochzeit zu Kana hat eine tiefe Bedeutung. Kurz und bündig formuliert es der Evangelist Johannes: „So tat Jesus sein erstes Zeichen, in Kana in Galiläa, und offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn“ (Joh 2,11). Wunder sind Zeichen, die zu einer tieferen Wahrheit führen. Durch seine Gegenwart bei der Hochzeit zu Kana segnet Jesus nicht nur die Eheleute, sondern er begründet das Sakrament der Ehe. Die tiefe Bedeutung des Wunders von Kana wird im Laufe des Lebens Jesu entdeckt. In seinem Tod und seiner Auferstehung erreicht dies seinen Höhepunkt. Als er am Kreuz erhöht wird, zieht er alle an sich (vgl. Joh 12,32), und es erscheint die wahre Herrlichkeit des Eingeborenen Sohnes Gottes. Daher ist der wahre Bräutigam auch bei der Hochzeit zu Kana der Herr Jesus selbst. Schon Johannes der Täufer nennt sich der Freund des Bräutigams und spricht von Jesus als dem Bräutigam (Joh 3,29). Seine große Liebe bis zum Ende (Joh 13,1) ermöglicht die Vermählung Gottes mit seinem Volk. Der gute Wein ist der Wein der Liebe, den der Herr Jesus am Kreuz vergossen hat, und womit er das Sakrament der Eucharistie vorwegnehmen wollte. Beim letzten Abendmahl nahm der Herr den Kelch mit Wein und sagte: „Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird“ (Lk 22,20). Hierzu überliefert der Heilige Johannes die Worte Jesu: „Amen, amen, ich sage euch: Wenn ihr das Fleisch des Menschensohnes nicht esst und sein Blut nicht trinkt, habt ihr das Leben nicht in euch. Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tag“ (Joh 6,53-54).

Daher ist die Hochzeit von Kana im Leben Jesu von programmatischer Bedeutung. Das erste Wunder (σημεῖον-Zeichen) verkündet das Geheimnis von Tod und Auferstehung des Herrn Jesus, den neuen Bund, der auf die göttliche und menschliche Liebe Jesu Christi gegründet ist und deren Maß alles übertrifft. Die Frucht dieses Bundes ist auch die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel, die Jünger und die ganze Kirche. In diesem Geist müssen wir die Eucharistie feiern, den Leib und das Blut des Herrn kommunizieren und so die geistliche Hochzeit erneuern, indem wir uns an die aktive Gegenwart Jesu bei der Hochzeit von Kana erinnern.

3. „Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur den einen Geist“ (1 Kor 12,4).

Das in Wein verwandelte Wasser und der in das Blut Christi verwandelte Wein erinnern uns an die Erfahrung von Pfingsten, an den Rausch des Geistes, womit die in Jerusalem anwesenden Vertreter der verschiedenen Völker die Wirkung des Heiligen Geistes auf die Apostel zu beschreiben versuchten, weil sie dachten, diese seien „vom süßen Wein berauscht“ (Apg 2,13). Die Apostel sprachen in verschiedenen Sprachen, damit jeder die Verkündigung der „großen Taten Gottes“ (Apg 2,11) in seiner Sprache verstehen konnte. Die zweite Lesung spricht von den Charismen, die der Heilige Geist austeilt. Es gibt verschiedene Gnadengaben, doch ist es nur ein Geist. Alle Gaben werden daher zum Wohl der Kirche und zu ihrer Einheit gegeben, denn „das alles bewirkt ein und derselbe Geist; einem jeden teilt er seine besondere Gabe zu, wie er will“ (1 Kor 12,11). In der Kirche gibt es außergewöhnliche Charismen, von denen der Völkerapostel im Ersten Korintherbrief spricht, aber auch ganz gewöhnliche ohne einen wundersamen Aspekt, die aber für das christliche Leben sehr wichtig sind.

Denken wir im Licht des Wortes Gottes an die Charismen, an die Gaben, die mit dem Sakrament der Ehe verbunden sind. Sie betreffen Braut und Bräutigam, Ehemann und Ehefrau, wie auch deren Kinder. Dies sind gewöhnliche Gaben, die Eltern von Gott erhalten, um die bräutliche Dimension ihrer unauflöslichen Verbindung zu leben, offen für neues Leben zu sein und ihre Kinder anzunehmen und zu erziehen. Möge die Erinnerung an die Hochzeit zu Kana das Bewußtsein für diese Gaben an die christlichen Eheleute erneuern und jene ermutigen, die ohne kirchliche Trauung zusammenleben, die Schönheit einer christlichen Ehe zu entdecken, die der Herr Jesus zur Würde eines Sakramentes erhoben hat.

Liebe Brüder und Schwestern, die selige Jungfrau Maria war in Kana in Galiläa anwesend. Mit ihrem Eingreifen hat sie den Beginn des öffentlichen Wirkens ihres Sohnes und unseres Bruders und Herrn Jesus beschleunigt. Vertrauen wir uns alle ihrer mütterlichen Fürsprache an, besonders die christlichen Brautleute, damit wir jederzeit bereit sind, den Willen Gottes zu tun, und der Aufforderung der Gottesmutter zu folgen: „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5). Amen.

 

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