Predigt von Nuntius Eterovic am Hochfest Allerheiligen
Berlin, 1. November 2019
(Offb 7,2-4.9-14; Ps 24; 1 Joh 3,1-3; Mt 5,1-12)
„Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich“ (Mt 5,3).
Liebe Schwestern und Brüder!
Am Hochfest Allerheiligen vereinen auch wir uns zu dem großen Hymnus der unzähligen Stimmen aus jeder Nation, Rasse, Sprache und jedem Volk und loben Gott den Vater, Sohn und Heiligen Geist, indem wir rufen: „Die Rettung kommt von unserem Gott, der auf dem Thron sitzt, und von dem Lamm“ (Offb 7,10).
Wahrlich, an diesem großen Fest der christlichen Hoffnung danken wir dem dreieinen Gott für die Berufung, schon jetzt Kinder Gottes (vgl. 1 Joh 3,1) zu sein. Diese große Würde eröffnet uns den Zugang zum ewigen Leben, zur vollkommenen Freude im Himmel, denn „wir wissen, dass wir ihm ähnlich sein werden, wenn er offenbar wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist“ (1 Joh 3,2).
Wir danken Gott in besonderer Weise für folgende Gnadengaben:
- für den Glauben an die Auferstehung;
Wir alle machen die Erfahrung der Vergänglichkeit unseres menschlichen Leben, wie auch des gesamten materiellen Universums. Dennoch versichert uns der Herr Jesus: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben“ (Joh 11,25-26). Wir flehen heute zum Herrn Jesus, er möge in uns den Glauben an seine Auferstehung, wie auch an die Auferstehung all derer stärken, die mit Ihm durch die Sakramente und den Glauben tief verbunden sind.
- für den Glauben an das ewige Leben;
Die Auferstehung öffnet uns das Tor des Himmels. Jesus selbst hat geoffenbart: „Denn das ist der Wille meines Vaters, dass jeder, der den Sohn sieht und an ihn glaubt, das ewige Leben hat und dass ich ihn auferwecke am Jüngsten Tag“ (Joh 6,40). Jesus spricht diese Worte im eucharistischen Zusammenhang. Wir bitten ihn um die Stärkung unseres Glaubens an seine wahre, wirkliche und substantielle Gegenwart in der Eucharistie und darum, den auferstandenen Herrn immer mehr anzubeten, der in den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtig ist, und schließlich, er möge uns mit dieser Wegzehrung nähren, um die Schwierigkeiten des gegenwärtigen Lebens auf dem Pilgerweg zur Ewigkeit zu überwinden.
- für den Glauben an den Lohn;
Der Herr Jesus lehrt uns, daß es am Ende der Geschichte ein Gericht geben wird, das gemeinhin Weltgericht genannt wird. Er selbst hat auch offenbart, daß es zwei Gruppen von Menschen geben wird, die einen zu seiner Rechten, die anderen zu seiner Linken. Die Menschen beider Gruppen werden nach folgendem Kriterium gerichtet: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). Und wir wissen, was die Guten tun müssen, um den Preis der Ewigkeit zu erlangen: die Hungernden speisen, den Dürstenden zu trinken geben, die Fremden beherbergen, die Nackten kleiden, die Kranken und die Gefangenen besuchen (vgl. Mt 25,35-37). Erflehen wir die Gnade, in jeder Person zu erkennen, daß er nach dem Abbild Gottes geschaffen ist (vgl. Gen 1,26-27), und darum unser Bruder oder unsere Schwester ist, wofür wir sorgen. Das ist besonders in den schwierigen Zeiten des Lebens gefordert. Dabei geht es um die erforderliche menschliche Brüderlichkeit, die für den Aufbau einer besseren Welt unverzichtbar ist, in der festen Überzeugung, daß unsere wahre Heimat „im Himmel ist. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich auch alles unterwerfen kann“ (Phil 3,20-21).
- für den Glauben an die Gemeinschaft der Heiligen;
Die Lesungen des heutigen Hochfestes erinnern uns an die Gemeinschaft derer, die mit dem Siegel des Lammes gezeichnet sind, das heißt an die im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes Getauften. Besonders hervorgehoben werden die Märtyrer, „dies sind jene, die aus der großen Bedrängnis kommen; sie haben ihre Gewänder gewaschen und im Blut des Lammes weiß gemacht“ (Offb 7,14-15). Sie bilden die triumphierende Kirche (Ecclesia triumphans), unsere Brüder und Schwestern, welche die ewige Seligkeit schon erreicht haben. Aber sie vergessen nicht die Kirche, die im Fegefeuer gereinigt wird, um zu diesem Ziel zu gelangen (Ecclesia purificans), wie sie auch nicht uns vergessen, die Glieder der pilgernden Kirche (Ecclesia peregrinans), die wir auf dem Weg in das gelobte Land sind, zum Himmelreich. Dort wird sich vollständig die Verheißung erfüllen, die mit dem Bild „eines neuen Himmels und einer neuen Erde, in denen die Gerechtigkeit wohnt“ (2 Petr 3,13), beschrieben wird. Wir danken Gott für das große Geschenk der Gemeinschaft mit den Heiligen, nicht allein mit denen, die heiliggesprochen sind, sondern auch mit den vielen, die wir gekannt, geschätzt und geliebt haben. Sie alle sind mit uns auf eine geistliche Weise verbunden, vor allem durch das Gebet, das Dank des auferstandenen Christus die Grenzen von Raum und Zeit übersteigt und durch das wir schon jetzt auf unvollkommene Weise an der Freude der Heiligen im Himmel teilhaben. Durch diese Wirklichkeit beten die Heiligen für uns und treten sie für uns ein.
- für den Glauben an Jesus Christus, wahrer Mensch und wahrer Gott;
Der Herr hat über sich selbst gesagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Daher bitten wir Gott, uns immer auf diesen Weg zu führen, damit wir unser Ziel nicht verfehlen, das darin besteht, das Leben in der Ewigkeit und in der Gemeinschaft mit allen Heiligen, unseren Schutzpatronen, Freunden und Fürsprechern zu erreichen. Diese Wahrheit, die Jesus Christus ist, können wir durch die Seligpreisungen erlangen. Im heutigen Evangelium wiederholt der Heilige Matthäus gut achtmal die Ermunterung zur Seligkeit. Der Herr Jesus bietet uns ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie nötig es ist, jede dieser Seligkeiten zu leben. ER bleibt daher der sichere Weg zum ewigen Leben, das selig ist.
Unter den Heiligen des Himmel nimmt die selige Jungfrau Maria, die Mutter Jesu und Mutter der Kirche – und somit unsere Mutter – einen besonderen Platz ein. An Sie, die „gebenedeit unter den Frauen“ ist (Lk 1,42), wenden wir uns im Gebet, damit der dreieine Gott über uns die Gabe eines fruchtbaren Glaubens ausgieße, der imstande ist, unser persönliches und familiäres Leben zu verwandeln und uns antreibt, Jesus Christus und seine Seligpreisungen allen Menschen zu verkünden, denen wir in unserem Leben begegnen. Auf diese Weise werden auch wir Missionare des Evangeliums, der guten Nachricht, dessen auch unsere Welt so sehr bedarf. Um wieviel mehr Gerechtigkeit könnte es geben in der Welt, wenn alle, vor allem die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, suchten, die erste der Seligpreisungen in die Praxis umzusetzen: „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich“ (Mt 5,3)? Bitten wir Gott auf die Fürsprache aller Heiligen, er möge verwirklichen, was den Menschen unmöglich ist, aber nicht für Ihn (vgl. Mt 19,26).
Liebe Brüder und Schwestern, vereinen wir uns mit dem himmlischen Chor und rufen wir mit allen Heiligen: „Amen, Lob und Herrlichkeit, Weisheit und Dank, Ehre und Macht und Stärke unserem Gott in alle Ewigkeit. Amen“ (Offb 7,12).