Predigt von Nuntius Eterovic am Hochfest des Heiligen Josef
Wigratzbad, 20. März 2023
(2 Sam 7,4-5.12-14; Ps 89; Röm 4,13-16.18-22; Mt 1,16.18-21.24)
„Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht“ (Mt 1,20).
Liebe Brüder und Schwestern!
Mit großer Freude feiern wir das Hochfest des heiligen Josef, des Bräutigams der Gottesmutter Maria und Nährvaters Jesu Christi. Der heilige Josef ist der letzte Patriarch, der göttliche Botschaften im Traum empfangen hat. Mit Jesus, dem messianischen König, verbindet ihn die königliche Abstammung aus dem Haus Davids, wie wir zu Beginn des heutigen Evangeliums gehört haben: „Jakob zeugte den Josef, den Mann Marias; von ihr wurde Jesus geboren, der der Christus genannt wird“ (Mt 1,16). Die Heilige Schrift beschreibt Josef als gerechten und treuen Menschen, den Gott als Hüter der Heiligen Familie eingesetzt hat. Als solcher ist er mit Jesus und Maria nach Ägypten geflohen. Mit ihrer Rückkehr von dort haben sie auf neue Weise den Exodus des jüdischen Volkes nachgebildet. Papst Pius IX. hat den heiligen Josef zum Patron der Katholischen Kirche erhoben. Andere Päpste schenkten ihm große Beachtung. So fügte der heilige Papst Johannes XXIII. seinen Namen in den Römischen Kanon der Heiligen Messe ein. Der heilige Papst Johannes Paul II. widmete ihm ein besonderes Dokument mit dem Apostolischen Schreiben Redemptoris custos – Der Beschützer des Erlösers – Über Gestalt und Sendung des heiligen Josef im Leben Christi und der Kirche vom 15. August 1989. Aus Anlass des 150. Jahrestages der Erhebung des heiligen Josef zum Schutzpatron der Kirche schrieb Papst Franziskus am 08. Dezember 2020 das Apostolisches Schreiben Patris corde – Mit väterlichem Herzen.
Herzliche Grüße
Als Vertreter des Heiligen Vaters Franziskus in der Bundesrepublik Deutschland grüße ich Euch alle, liebe Brüder und Schwestern, die ihr nach Wigratzbad gekommen seid, um Hochfest des heiligen Josef in der Wallfahrtskirche Herz Jesu und Maria vom Siege zu feiern. Besonders grüße ich den Rektor der Gebetsstätte Wigratzbad, Hochwürdigen Pater Florian Maria Kerschbaumer Opus JSS und danke für die herzliche Einladung, dieser Heiligen Messe vorzustehen, was ich gerne angenommen habe. Das gibt mir die Gelegenheit, Euch allen den herzlichen Dank von Papst Franziskus zu übermitteln für das Gebet, mit dem Ihr seine Person und seine wichtige kirchliche Mission in dieser geschichtlichen Periode von Kirche und Welt begleitet. Der Bischof von Rom, der den Vorsitz der Liebe in der ganzen Kirche hat, ist das Symbol und der Garant für die Einheit der Katholischen Kirche, die über die ganze Welt verbreitet ist. Er bittet uns oft um unsere geistliche Unterstützung, vor allem durch das Gebet. Heute wollen wir diese geistliche Hilfe der Fürsprache des heiligen Josef anvertrauen, den Papst Franziskus sehr verehrt. Er selbst hat berichtet, dass er oft dem heiligen Josef Gebetsanliegen und besondere Fürbitten mit Blick auf seinen Dienst vorträgt. In seinem Zimmer in der Casa Santa Marta im Vatikan hat er ein besonderes Bildnis, das den schlafenden Josef darstellt. Der Papst hat die Angewohnheit, unter diesem Bildnis die erwähnten Anliegen vorzubringen, Probleme, die zu lösen sind, oder Gebet, die ihm die Gläubigen anvertrauen. Auf diese Weise wird Zeit gewonnen, um übereilte Entscheidungen zu meiden und sich zugleich dem heiligen Josef anzuvertrauen, um Wege in schwierigen Situation zu finden und den Hilfsbedürftigen die nötige Unterstützung zu geben, indem er dem Beispiel des Hüters der Heiligen Familie und Schutzpatrons der Kirche folgt.
Liebe Brüder und Schwestern, an diesem Hochfest wollen wir dem guten und barmherzigen Gott danken, dass er der Kirche einen so großen Heiligen wie Josef gegeben hat. Zugleich öffnen wir unsere Herzen der Gnade des Heiligen Geistes und halten das heutige Evangelium im Bewußtsein, indem wir vor allem zwei Punkte nachzuahmen suchen: gerecht zu sein und keine Angst zu haben, sondern unser Leben der göttlichen Vorsehung anzuvertrauen.
Josef „war gerecht“ (Mt 1,19).
Im Matthäusevangelium wird Josef, der Bräutigam Marias, als gerechter Mensch beschrieben. Gerecht zu sein, bedeutet in der Heiligen Schrift das Bemühen, den Willen Gottes zu erfüllen, des einzig Gerechten. Als frommer Jude war Josef dazu erzogen, nach dem Wort Gottes zu leben, das in der Bibel offenbart und in der religiösen Tradition des erwählten Volkes bewahrt ist. Er kannte daher auch die Verheißung des Propheten Jesaja: „Siehe: Die Jungfrau wird empfangen und einen Sohn gebären und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott mit uns“ (Mt 1,22; Jes 7,14) und wartete wie alle Juden seiner Zeit auf die Geburt des Messias. Er konnte sich aber nicht vorstellen, dass dieser Messias von seiner geliebten jungfräulichen Braut Maria geboren werden sollte. Seine Verwirrung war so groß, dass ein besonderes Eingreifen Gottes nötig war. Dies geschieht durch den Engel, der ihm die Rolle des Heiligen Geistes bei der Empfängnis Jesu erklärt (vgl. Mt 1,20-21). Voller Vertrauen in die göttliche Vorsehung tat Josef, als er erwachte, „was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich“ (Mt 1,24).
Liebe Brüder und Schwestern, auch wir sind gerufen, gerecht zu sein und nach dem Wort Gottes zu leben. Uns sollte dies viel klarer sein, als es für den heiligen Josef war, denn im Unterschied zu ihm ist uns nicht nur das Alte Testament gegeben, sondern auch das Neue Testament geschenkt, vor allem aber die Person und das Werk Jesu Christi, der Mensch ist und zugleich Gott. Er lehrt uns, gerecht zu sein bedeutet, nach den Zehn Geboten zu leben, die sich im neuen Gebot konzentrieren, Gott und den Nächsten zu lieben (vgl. Mt 22,36-40). Gleichzeitig gibt uns der Herr die Heilsmittel, vor allem die Sakramente, um als gerechte Menschen leben zu können, das heißt als authentische Christen, die mit ihrem persönlichen, familiären und sozialen Leben Zeugnis ablegen für Gott, den Vater, Sohn und Heiligen Geist.
Josef, „fürchte dich nicht“ (Mt 1,20).
Der Abschnitt aus dem Matthäusevangelium skizziert mit wenigen Worten das tiefe Drama, mit dem der heilige Josef konfrontiert ist. Seine Verlobte war schwanger, und er wusste, dass er daran keinen Anteil hatte. Hier ist daran zu erinnern, dass die jüdische Eheschließung zwei Etappen kannte. Die erste ist die Verlobung, welche die gleiche rechtliche Wirkung hatte wie eine Eheschließung, die zweite ist das Zusammenleben der Brautleute. In diese schwierige Situation hinein übernimmt Gott durch den Engel die Initiative und lässt sagen: „Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist“ (Mt 1,20). Die Worte erleuchten den heiligen Josef und befreien ihn von einer schweren Last. Daher gehorcht er dem Willen Gottes und nimmt seine Braut Maria zu sich (vgl. Mt 1,24). „Er erkannte sie aber nicht, bis sie ihren Sohn gebar. Und er gab ihm den Namen Jesus“ (Mt 1,25).
Liebe Brüder und Schwestern, auch wir brauchen die Ermahnung des Herrn: „Fürchte dich nicht!“ Wir leben in schwierigen Zeiten in der Welt, aber auch in der Kirche. Dennoch müssen wir der Wahrheit vertrauen, dass Gott uns niemals verlässt, auch nicht in den dunkelsten Momenten der Geschichte, wie sie aktuell in Ukraine geschehen, dem Land, das von der mächtigen Russischen Föderation angegriffen wird. Als Christen wissen wir auch, dass allein wir Gott verlassen können, Er aber seinen Verheißungen treu bleibt. Und eines der Worte, das uns mit Vertrauen erfüllt, ist: „Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20). Eine andere Verheißung, die uns hoffnungsvoll auch in den verwirrenden Zeiten bleiben lässt, ist die Zusage Jesu: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen“ (Mt 16,18). Der heilige Petrus und seine Nachfolger haben vom Herrn Jesus den Auftrag erhalten, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32). Daher bleiben wir in der Einheit mit dem Heiligen Vater, dem Bischof von Rom und Hirten der Universalkirche, und erlauben niemandem, uns vom Felsen des katholischen Glaubens trennen zu wollen.
Vertrauen wir unsere Überlegungen der Fürsprache des heiligen Josef an, des Bräutigams der Gottesmutter Maria und Schutzpatron der Kirche, damit ihre Glieder gerechte Menschen werden, die voller Vertrauen zu Gott sind und keine Angst haben, das Evangelium auch unter schwierigen und zuweilen tragischen Bedingungen der gegenwärtigen Welt zu leben und zu verkünden. Um dieses Ziel zu erreichen, ermuntert uns Papst Franziskus, wenn er schreibt: „So wollen wir nun vom heiligen Josef die Gnade aller Gnaden erflehen – unsere Bekehrung“ (Patris corde, 7). Amen.