Predigt von Nuntius Eterovic im Pontifikalamt der Initiative Deutschland betet den Rosenkranz
St. Clemens zu Berlin, 12. Oktober 2024
(Jes 6,9-11; Lk 1,46-55; Lk 11,27-28)
„Von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich“ (Joh 19,27).
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Liebe Schwestern und Brüder!
Die Feier zum liturgischen Gedenken an Unsere Liebe Frau von Fatima hat uns auch in diesem Jahr in die Kirche von St. Clemens Jahr zusammengeführt. Diese Gelegenheit ist bestens geeignet, unsere Verehrung der seligen Jungfrau Maria zu erneuern und ihrer mächtigen Fürsprache zu empfehlen, was jeder von uns, unsere Familien, Gemeinschaften und die Kirche auf dem Erdenrund geistlich und materiell nötig haben. Zugleich wollen wir der Gottesmutter für alle Gnaden danken, die wir von der göttlichen Barmherzigkeit empfangen haben, und wir vereinen unsere Stimmen zum Gebet und zum Dank im Sinne von Deutschland dankt Maria.
Wir wollen ihre Hilfe vor allem für den Frieden in der Welt erflehen. Wir denken besonders in der geschundenen Ukraine, die mehr als zwei Jahre der mächtigen militärischen Aggression der Russischen Föderation widersteht, aber wir denken auch an den Nahen Osten, wo seit Monaten die Gewalt in kriegerischen Auseinandersetzungen explodiert, und an die anderen Ländern, die Opfer von Terrorismus, Gewalt und Krieg sind. Derzeit sind nach neuesten Daten leider 56 Staaten in Kriege verwickelt.
Wir vergessen nicht, dass die Erscheinungen der himmlischen Frau in Fatima während des ersten Weltkrieges im Jahre 1917 geschehen sind. Der Erste und auch der Zweite Weltkrieg haben Millionen Tote und Verwundete gebracht und zahllose geistig, geistliche und materielle Zerstörung bewirkt. Inmitten dieser Katastrophen hat die Jungfrau Maria zum Rosenkranzgebet, zur Umkehr, Wiedergutmachung und zur Opfergabe für das Heil der Seelen aufgerufen, wie auch zur Verehrung Ihres Unbefleckten Herzens. Sie hinterlässt sodann eine Botschaft der Hoffnung, wenn sie verheißt: „Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren …und eine Zeit des Friedens wird der Welt geschenkt werden“ (3. Erscheinung am 13. Juli 1917).
Liebe Brüder und Schwestern, danken wir Gott, dem Vater, Sohn und Heiligen Geist von Herzen für das Geschenk Unserer Lieben Frau als unsere Mutter, wie als Mutter der Kirche, deren mütterlicher Sorge wir uns auf unserem irdischen Pilgerweg anvertrauen können, der nicht frei von Bedrängnissen und Herausforderungen auf dem Weg zum ewigen Lebens ist. Vor seinem Tod am Kreuz hat Jesus Christus seine Mutter dem geliebten Jünger Johannes mit den Worten anvertraut: „Frau, siehe dein Sohn“. Gleichzeitig hat er seine Mutter dem Johannes mit den Worten ans Herz gelegt: „Siehe deine Mutter“. Und Johannes selbst fügt eine wichtige Feststellung an, indem er von sich in der dritten Person schreibt: „Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich“ (Joh 19,26-27).
Der heilige Johannes steht für die Christenheit, für alle Jünger Jesu, die vom gekreuzigten Herrn den Auftrag bekamen, seine Mutter als die ihre aufzunehmen. Die Wahrheit der geistlichen Mutterschaft Mariens bekam durch Papst Paul VI. eine besondere Anerkennung, als er die Gottesmutter in seiner Ansprache zum Abschluss der 3. Sitzungsperiode des Zweiten Vatikanischen Konzils am 21. November 1964, also vor fast sechzig Jahren, zur Mutter der Kirche erklärte und sagte: „Deshalb erklären wir zur Ehre der Heiligen Jungfrau und zu unserem Trost Maria zur heiligsten Mutter der Kirche, das heißt des gesamten christlichen Volkes, sowohl der Gläubigen als auch der Hirten, die sie als die „liebste Mutter“ bezeichnen; und wir legen fest, dass mit diesem Titel von nun an alle Christen der Mutter Gottes noch mehr Ehre erweisen und sich im Gebet an sie wenden“ (a.a.O., Nr. 30).
„Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich“ (Joh 19,27).
Wie wir in den Lesungen, die verkündet worden sind, gehört haben, ist die Rolle von Maria in der Bibel gut dokumentiert, sei es in den Büchern des Alten, sei in denen des Neuen Testamentes. Im Hymnus des Propheten Jesaja: „Von Herzen freue ich mich am Herrn. Meine Seele jubelt über meinen Gott. Denn er kleidet mich in Gewänder des Heils, er hüllt mich in den Mantel der Gerechtigkeit, wie ein Bräutigam sich festlich schmückt und wie eine Braut ihr Geschmeide anlegt“ (Jes 61,10), erkennen wir die Quelle der Inspiration, die Maria gefunden hat, um unter der Mitwirkung des Heiligen Geistes ihr Magnifikat zu verkünden: „Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter. Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter“ (Lk 1,46-48). Wie schon angedeutet, finden wir im Evangelium die Grundlage der geistlichen Mutterschaft Mariens, der Mutter der Kirche und eines jeden Christen. Daher soll jeder von uns persönlich und als Mitglied einer Familie und der kirchlichen Gemeinschaft wie der heilige Apostel und Evangelist Johannes die Gottesmutter in sein Haus aufnehmen (vgl. Joh 19,27) und ihr mit kindlicher Zuneigung begegnen. Diese geistliche Nähe wird durch zahlreiche Kirchen, Heiligtümer, Kapellen, Altäre, Statuen und Bilder, die der Jungfrau Maria in der christlichen Welt geweiht sind, verstärkt, vor allem nach dem Konzil von Ephesus im Jahr 431, wo die Konzilsväter erklärt haben, dass Maria zurecht Θεοτόκος genannt wird, Gottesgebärerin. Heute gibt es in jeder katholischen Kirche mindestens eine Statue der Gottesmutter, oft auch eine Unserer Lieben Frau vom Rosenkranz.
Das gilt auch für Deutschland, wo das Christentum, wie in anderen Ländern, tiefe Wurzeln hat und wo es viele marianische Heiligtümer gibt: Altötting in der Diözese Passau; Kevelaer und Telgte im Bistum Münster; Neviges und Benrath im Erzbistum Köln; Etzelbach im Bistum Erfurt; Neuzelle im Bistum Görlitz; Birkenstein im Leitzachtal und Maria Birnbaum in Sielenbach im Erzbistum München und Freising; Kleineberg – Maria Helferin vom Berge - im Erzbistum Paderborn; Maria Lindenberg in der Erzdiözese Freiburg; Maria Vesperbild im Bistum Augsburg; Marienborn in der Diözese Magdeburg; Marienthal im Bistum Limburg; Klausen im Bistum Trier; Regina Martyrum und Maria Frieden in der Erzdiözese Berlin – und viele mehr!
Von all diesen Orten tönen, wie aus jeder unserer Kirchen mit der Stimme der seligen Jungfrau Maria zwei Aufforderungen, die uns zu ihrem Sohn und Heiland Jesus Christus führen:
- „Was er euch sagt, das tut“ (Joh 2,5);
- „Selig sind vielmehr, die das Wort Gottes hören und es befolgen“ (Lk 11,28).
Die selige Jungfrau Maria ist nicht nur die Mutter Jesu, sondern auch seine erste und gelehrigste Schülerin. Geführt von der Gnade des Heiligen Geistes hat sie das Wort Gottes gehört und nach dessen Weisung gelebt. Folgen wir daher ihrem Beispiel und hören auf das, was ihr Sohn und unser Herr zu uns auch an diesem Abend spricht. In besonderer Weise konzentrieren wir uns auf den Kern des Evangeliums, was Jesus zum Ausdruck bringt, wenn er mahnt: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium“ (Mk 1,15).
Beschließen wir diese Überlegungen und schließen wir in unser Heilshandeln den Hymnus des Propheten Jesaja ein, der mit der Gottmutter Maria, der Mutter der Kirche, eng verbunden ist: „Denn wie die Erde ihr Gewächs hervorbringt und der Garten seine Saat sprießen lässt, so lässt Gott, der Herr, Gerechtigkeit sprießen und Ruhm vor allen Nationen“ (Jes 61,11). Diese Prophezeiung ist im Herrn Jesus verwirklicht, „der dem Fleisch nach geboren ist als Nachkomme Davids, der dem Geist der Heiligkeit nach eingesetzt ist als Sohn Gottes in Macht seit der Auferstehung von den Toten“ (Röm 1,3-4). Jesus Christus, der Sohn Mariens, empfangen durch das Wirken des Heiligen Geistes (vgl. Lk 1,34-35) trägt unter anderem den Titel „Fürst des Friedens“ (Jes 9,5). Im demütigen Gebet und in diesem Monat Oktober vor allem durch das Rosenkranzgebet wollen wir im Geist der Buße und durch Werke der Liebe unsere Verehrung der Gottesmutter Maria erneuern und die selige Jungfrau in unser Haus aufnehmen (vgl. Joh 19,27). Wir erflehen ihre Fürsprache zur Bekehrung der Menschen, für den Frieden und die Gerechtigkeit in der ganzen Welt. Amen.