Geistlicher Impuls von Nuntius Eterovic an die Hörer von Radio Horeb

Berlin, 24. Februar 2022

Fest des Hl. Apostel Matthias

Liebe Hörerinnen und Hörer von Radio Horeb,
liebe Schwestern und Brüder!

In den Teilkirchen des deutschen Sprachraums wird heute das Fest des Apostels Matthias gefeiert. Über dieses wie über jedes der Apostelfeste können wir als Grundton, als Basso continuo die Ermahnung Jesu aus den sogenannten Abschiedsreden im Johannesevangelium angeben: „Bleibt in meiner Liebe“ (Joh 15,9). Wenn wir die Erwählung des Matthias zum Apostel bedenken, so kommen wir nicht umhin, auch an die Last zu erinnern, die auf dieser Wahl liegt, weil sie durch den Verrat des Judas Iskariot nötig geworden war. Dieser hatte mit seinen Ohren gehört: „Bleibt in meiner Liebe“. Doch sein verstocktes Herz erkannte nicht, dass der Herr Jesus, der ihn erwählt hatte, ihn in diesen Kreislauf von göttlicher und menschlicher Liebe, in diesen Heilszyklus miteinschließen wollte. Möglicherweise wollte er irdische Geschichte schreiben und seinen Herrn dazu drängen, politisch tätig zu werden und sich gegen die römische Besatzung des Heiligen Landes aufzulehnen. Hier aber fehlte er und kam zu Fall. Die Liebe nämlich, von der Jesus spricht und erfüllt ist, verlangt danach zu hören und gehorsam zu sein, denn wer in der Liebe bleiben will, die uns mit Jesus verbindet und durch Ihn mit dem himmlischen Vater, für den gilt: „Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben“ (Joh 15,10). Die Gebote, denen auch der Eingeborene Sohn treu ergeben ist, sind jene Seines Vaters. Bekannt sind die Zehn Gebote (vgl. Ex 20,2-17; Dtn 5,6-21). Jesus aber vertieft sie und offenbart, wie man diese halten kann und soll: im Doppelgebot der Liebe zu Gott und dem Nächsten (vgl. Mt 22,37-40; Joh 15,1). „An diesen beiden Geboten hängt das ganze Gesetz und alle Propheten“ (Mt 22,40). Sie sind die Türangeln von allem und für jeden! Und an diesen Geboten ist jede Erwählung, nicht nur die in der Nachfolge der Apostel, sondern auch die Berufung zum christlichen Leben überhaupt zwingend gebunden. Ohne dieses Doppelgebot gibt es keine christliche Existenz und kein Leben in Fülle (vgl. Joh 10,10) und somit keine Freude, denn der Herr Jesus mahnt zum Bleiben in seiner Liebe, damit „meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird“ (Joh 15,11).

Der Fall des Judas Iskariot und sein freudloses Ende blieb nicht ohne Folgen für die Gemeinschaft der Jünger und vor allem für die Zwölf. So sehr dem Herrn Jesus das Heil des Einzelnen, das Individuum am Herzen liegt, so kostbar ist ihm die Gemeinschaft seiner Kirche. Deswegen gibt es die Wahl des Matthias, der das Kollegium der Apostel unter der Führung des Heiligen Petrus, der diese Wahl leitet (vgl. Apg 1,15-22), wieder zur Vollzahl der Zwölf brachte, worin sich der Wille Jesu Christi ausdrückt. Petrus macht der Versammlung klar, der zu Wählende muss mit Jesus und den Seinen gelebt haben und soll „mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein“ (Apg 1,22). Die Gemeinschaft der Glaubenden, die in der Liebe bleibt, braucht genau dies: die Bezeugung der Auferstehung unseres Herrn Jesus. Die Erwählung des Matthias ist nicht seinen vielfältigen Talenten geschuldet, die er sicher hatte, sondern seiner Zeugenschaft vom Leben, von Leiden und Tod, vor allem aber der Auferstehung Jesu Christi. Mit irdischen Maßstäben kann man also diese Wahl nicht betrachten, sondern sie geschieht unter der Führung des Heiligen Geistes, „der euch in der ganzen Wahrheit leitet“ (Joh 16,13).

Der Heilige Matthias, von dem wir nicht mehr wissen, hat seine Erwählung angenommen und das Zeugnis für den Auferstandenen mit seinem Blut besiegelt. Sein Grab in der ehrwürdigen Stadt Trier ist das einzige Apostelgrab nördlich der Alpen, an dem auch ich schon beten durfte. An seinem Festtag bete ich, dass die Erwählten Gottes in unseren Tagen auf die Fürsprache der seligen Jungfrau und Gottesmutter Maria und des Heiligen Matthias nicht zu Fall kommen, weil sie glauben, sie könnten nicht fallen. Jeder von uns ist zur Heiligkeit gerufen und doch sind wir immer von Sünde und Hochmut umzingelt. Unsere Erwählung als Christen ist es jedoch nicht, irdische Geschichte zu schreiben, sondern im Staffellauf der Heilsgeschichte hier und jetzt die Gemeinschaft der Kirche durch das Zeugnis der Auferstehung unseres Herrn und Erlösers zu beleben und eine neue Dynamik zu erflehen für die Mahnung des Herrn und Meisters der Kirche: „Bleibt in meiner Liebe!“ (Joh 15,9). Amen.

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