Predigt von Nuntius Eterovic am 15. Sonntag im Jahreskreis

Apostolische Nuntiatur, 11. Juli 2021

(Am 7,12-15; Ps 85; Eph 1,3-14; Mk 6,7-13)

„Er rief die Zwölf“ (Mk 6,7).

Liebe Schwestern und Brüder!

Das Wort Gottes an diesem 15. Sonntag im Jahreskreis beschreibt die Sendung der Zwölf Apostel (I), wie auch die des Propheten Amos (II). Die Anweisungen des Herrn Jesus bleiben allezeit gültig, wie das Beispiel des Heiligen Benedikt zeigt, dessen die Kirche an heutigen Tag gedenkt (III). Öffnen wir unsere Herzen für die Gnade des Heiligen Geistes, damit wir in rechter Weise erfassen können, was Jesus Christus uns und seiner Kirche sagen will.

1. „Er rief die Zwölf“ (Mk 6,7).

Nach der negativen Erfahrung in Nazareth, wo ihn seine Landsleute nicht gut aufgenommen hatten, setzt Jesus seine Mission anderswo fort. So sagt der Evangelist Markus: „Jesus zog durch die benachbarten Dörfer und lehrte“ (Mk 6,6). Da die Ernte reich war (vgl. Lk 10,2), suchte er Hilfe bei den Zwölf Aposteln, die symbolisch für die zwölf Stämme des Volkes Israel stehen. Bei dieser Wahl können wir die Haltung Jesu erkennen, der sich nicht von möglicher Erfolglosigkeit abhalten ließ, allen Gliedern seines Volkes die gute Nachricht zu verkünden. Die Entscheidung Jesu ist insofern bedeutsam, weil sie Menschen in seine Mission einbindet. Er braucht Mitarbeiter und wählt die Zwölf, was kein anderer Prophet im Alten Testament je gemacht hatte. Sie haben gute Gaben, aber auch ihre Grenzen und begehen sogar Sünden. Diese Männer aber sind mit der Gnade des Heiligen Geistes imstande, das Evangelium Jesu Christi, die gute Nachricht, zu verkünden und durch Wunder zu bestärken. Denn darin besteht die Sendung der Apostel: „Und sie zogen aus und verkündeten die Umkehr. Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie“ (Mk 6,12-13). Es ist hervorzuheben, dass Jesus keinen von ihnen allein ausgesandt hat, sondern „jeweils zwei zusammen“ (Mk 6,7), was also die kleinste Gemeinschaft bedeutet. Jesus verlangt darüber hinaus von seinen Mitarbeitern die Loslösung von materiellen Dingen. Sie sollen das Evangelium im Vertrauen auf die Kraft des Glaubens und des Heiligen Geistes verkünden und nicht auf materielle Güter bauen. Die Anweisung, „außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen“ (Mk 6,8-9) erinnert an die erste der Seligpreisungen: „Selig, ihr Armen, denn euch gehört das Reich Gottes“ (Lk 6,20). Der Herr aber hat vorausgesehen, dass die Zwölf einiges an Schwierigkeiten haben werden, vor allem, dass nicht alle sie gerne aufnehmen werden. Für diesen Fall hat er ebenfalls eine Anweisung mit auf den Weg gegeben: „Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen, ihnen zum Zeugnis“ (Mk 6,11). Mit dieser Geste brachten die Apostel ihre Freiheit zum Ausdruck: sie erbitten von den Leuten nichts und sie bekommen nichts von ihnen.

2. „Geh und prophezeie meinem Volk Israel“ (Am 7,15).

Auch der Prophet Amos machte die Erfahrung der Erfolglosigkeit und der Ablehnung durch die politischen und religiösen Vertreter des Volkes. Er prophezeite zur Zeit von König Jerobeam II. (781-742 v. Chr.) im heidnischen Tempel zu Bethel in der Mitte des achten vorchristlichen Jahrhunderts, als Israel eine Zeit des Wohlstandes erlebte, was aber von religiösem und moralischem Verfall begleitet wurde. Gott ruft Amos, einen einfachen Schafhirten aus Tekoa, der selbst bezeugt: „Ich bin kein Prophet und kein Prophetenschüler, sondern ich bin ein Viehhirte und veredle Maulbeerfeigen“ (Am 7,14), um den „Tag des Herrn“ anzukündigen, an dem Gott die Völker zur Verantwortung ziehen wird. Sicher, Gott bleibt dem Bund treu. Und wenn Israel Gerechtigkeit übt und einen authentischen Kult praktiziert, der in einem kohärenten Leben seinen Niederschlag findet, wird ihnen Herrlichkeit und Segen zuteil. Diese Botschaft des Propheten aber gefällt dem Amazja in Bethel nicht. Auf seine Veranlassung lässt König Jerobeam den Amos aus der Stadt Bethel vertreiben. Doch der Prophet Amos predigt im Namen von JHWH, was er dem Priester Amazja vor Augen hält: „Der Herr hat zu mir gesagt: Geh und prophezeie meinem Volk Israel“ (Am 7,15). Seine Worte waren für die hart und bedrohlich, die sich bekehren sollten. Auch wenn sie ihn zum Schweigen bringen oder aus dem Heiligtum von Bethel vertreiben können, doch seine Botschaft, die von JHWH selbst kommt, vermögen sie nicht zu beseitigen. Denn seine Prophezeiung findet ihre Erfüllung in der Vorherrschaft Assyriens und der Deportation des Volkes Israel im Jahr 722 v. Chr.

3. Benedikt von Nursia

Das Wort Gottes ist immer aktuell. Das zeigt auch der Heilige Benedikt von Nursia (ca. 480-547), der Gründer des Benediktinerordens, der in der Evangelisierung Europas einen besonderen Platz eingenommen hat. Der Heilige Papst Paul VI. hat den Heiligen Benedikt daher am 24. Oktober 1964 zum Schutzpatron Europas bestimmt. Dank des Wirkens der Benediktiner wird sein Werk weitergetragen, dem Charisma des heiligen Gründers treu, das sich in seiner Regel niedergeschlagen hat und die eine der Hauptquellen ist, um Kenntnis vom Heiligen Benedikt und seinem Werk zu erlangen.
Auch im Leben und Wirken des Heiligen Benedikt finden wir die grundlegenden Anweisungen Jesu, die er den Zwölf mit auf den Weg der Mission gab. Die Benediktiner leben nicht allein und jeder für sich, sondern in Gemeinschaft. In der Gemeinschaft finden sie Unterstützung, Ermutigung und Inspiration. Auch ihr pastorales Wirken hat diese gemeinschaftliche Dimension, sei es im Kloster oder in der Gemeindepastoral, die den Benediktinermönchen anvertraut ist. Aus dem Leben des Heiligen Benedikt wissen wir, dass die Bewohner von Monte Casino vornehmlich Heiden waren, als er dort das Kloster gründete. Mit entsprechender Mission und Evangelisierung, sowie der ganzheitlichen Förderung haben der Heilige Benedikt und seine Gefährten vermocht, diese Personen zu bekehren, die fortan Jesus und sein Evangelium liebten. Die Mönche lebten das Ideal des monastischen Lebens in Armut, Keuschheit und Gehorsam. Die Predigt des Heiligen Benedikt in Wort und Lebensbeispiel wurde von zahlreichen Wundern begleitet, die den Segen des dreieinen Gottes zeigen, der auf ihm ruhte. Es sind wenigstens vierundzwanzig Wunder bekannt, die unterteilt werden in zwölf Wunder der Einsicht und zwölf Wundertaten. Das zeigt, dass der auferstandene und in seiner Kirche gegenwärtige Herr Jesus auch zur Zeit des Heiligen Benedikt ermöglichte, dass dessen Predigt von Wundern begleitet wurde. Die ihrem Herrn treue Kirche hat stets danach getrachtet, ihre Verkündigung mit der menschlichen Förderung zu verbinden. Auch in den Missionsgebieten, wo die Kirche eingepflanzt wird, wird die Evangelisierung begleitet von Schulbauten, Pflegestationen, Lepraheimen, Krankenhäusern und Einrichtungen für Obdachlose. Diese Werke gelten vor allem den Menschen am Rande der Gesellschaft.

Das Charisma ist vor allem durch eine weise Harmonie von Gebet und Arbeit aktuell, was im bekannten Wort ausgedrückt ist: ora et labora. Diese Weisheit kommt aus der tiefen Freundschaft mit Jesus Christus und seiner großen Vertrautheit mit dem Evangelium. Der Heilige lehrt auch uns, Jesus Christus stets den ersten Platz einzuräumen, wenn er sagt: „Nihil amori Christi praeponere“ – „Der Liebe zu Christus nichts vorziehen“ (Regel des Heiligen Benedikt, 4,21 – auch 72,11).

Liebe Brüder und Schwestern, der auferstandene Herr Jesus sendet uns alle aus, wie es der jeweiligen Berufung entspricht, die wir in der Kirche empfangen haben. Die Sendung der Zwölf geschah vor dem Ostergeheimnis. Der Heilige Benedikt befand sich und wir befinden uns im Unterschied zu den Aposteln in einer bevorzugten Position, denn wir haben die Gabe des Heiligen Geistes empfangen, den der Auferstandene in Fülle ausgießt (vgl. Joh 3,34) und uns aussendet, das Evangelium den Nahen und Fernen zu predigen.

Der Heilige Benedikt hat die selige Jungfrau Maria, die Mutter Jesu und unsere Mutter, in besonderer Weise verehrt. Ihrer mächtigen Fürsprache vertrauen wir die Bereitschaft an, den Willen Gottes in unserem persönlichen und gemeinschaftlichen Leben anzunehmen, um eifrige Missionare Jesus Christi und seines Evangeliums zu werden. Dazu ermuntere uns das Beispiel vieler Heiliger, unter denen der Heilige Benedikt von Nursia einen besonderen Platz einnimmt. Amen.

 

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