Predigt von Nuntius Eterovic am 2. Fastensonntag

Basilika Maria Rosenkranzkönigin Berlin, 17. März 2019

(Gen 15,5-12.17-18; Ps 27; Phil 3,17-4,1; Lk 9,28-36)

„Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“ (Lk 9,35).

Liebe Brüder und Schwestern!


An diesem zweiten Fastensonntag lädt uns das Wort Gottes dazu ein, über die Verklärung Jesu Christi nachzudenken (II) und über deren Bedeutung in unserem christlichen Leben (II). Bevor wir aber gemeinsam über diese bedeutenden Themen nachdenken, möchte ich meine Freude ausdrücken, heute bei Euch und in Eurer schönen Basilika Maria Rosenkranzkönigin zu sein (I).

1. Grüße im Namen des Heiligen Vaters

Diese Kirche, die in den Jahren 1899/1900 errichtet worden ist, wurde vom Diener Gottes Papst Pius XII. durch das Apostolische Schreiben Bellicosione tempore isto vom 20. Oktober 1950 zur Basilika minor erhoben. In diesem Schreiben erinnert der Römische Pontifex daran, daß die Kirche der seligen Jungfrau Maria vom Rosenkranz in der durch Bombardements während des Zweiten Weltkriegs stark zerstörten Stadt Berlin intakt geblieben war. Die Gläubigen erblickten darin ein bedeutsames Symbol: inmitten der Ruinen der Welt, der Invasionen von Gewalt und des Bösen, gibt es einen heiligen Raum, diese Kirche, die auf die mächtige Fürsprache der Mutter Jesu und unserer Mutter von Gott beschützt worden ist. Wir danken Gott, dem Vater, Sohn und Heiligem Geist für dieses große Geschenk an Eure Gemeinde, die dadurch sich weiterhin an diesem heiligen Ort zum Gebet versammeln konnte. Aufgrund der Entscheidung von Papst Pius XII. wurde diese Kirche eine Basilika minor. Daher ist es angebracht, daß sie auch die Insignien einer solchen Basilika erhält, welche die besondere Beziehung mit dem Heiligen Vater und der Kirche von Rom zum Ausdruck bringen: das päpstliche Wappen, das Conopeum, der Schirm, der bei Prozessionen Verwendung findet, und das Tintinnabulum, das Glöckchen zum liturgischen Gebrauch. Bis heute hatte Eure Kirche lediglich das Wappen der Päpste, die jeweils die Katholische Kirche regieren. Heute freue ich mich, auch die beiden anderen Symbole einer Basilika zu segnen: den Schirm und das Tintinnabulum. Sie sind Geschenke der Familie Mallmann aus der Pfarrei St. Severin in Boppard, deren Kirche im Jahr 2014 ebenfalls zur Basilika minor erhoben worden ist. Dort hatte ich die Ehre, die Insignien am 19. Juli 2015 während einer feierlichen Eucharistie zu segnen. Auf diese Weise verbinden die beiden Basiliken die zwei Pfarreien, und beide stärken ihre Beziehungen mit der Diözese Rom, dem Sitz des Römischen Pontifex und Hirten der Universalkirche. Die erwähnten Insignien erinnern auch daran, daß in einer Basilika minor die Liturgie besonders feierlich begangen werden soll. Darum danke ich Eurem Hochwürdigen Herrn Pfarrer Andrej Nicolai Desczyk für die Einladung, dieser liturgischen Feier vorzustehen. Ich habe sie gerne angenommen, denn sie bietet mir die Gelegenheit, Euch alle im Namen des Heiligen Vaters Franziskus zu grüßen, dessen Vertreter ich in der Bundesrepublik Deutschland bin. Durch mich drückt Papst Franziskus seine geistliche Nähe zu Euch aus und ermuntert Euch mit Nachdruck, für Ihn und Seine Mission zu beten, die darin besteht, die Einheit in Liebe der Katholischen Kirche, unserer Mutter, zu garantieren. Auch wenn das in diesen Tagen nicht einfach ist, wo dunkle Wolken sich am Horizont der Kirche erheben, insbesondere wegen der Missbrauchsfälle, erinnert uns der Bischof von Rom daran, daß die Kirche heilig ist, aber wir Christen Sünder sind, die zur Heiligkeit berufen wurden. Und diese Botschaft ist wichtig, weil sie uns alle zur Umkehr und Bekehrung ermahnt. Wir befinden uns ja in der Österlichen Bußzeit, der geprägten Zeit, wo sich alles darauf konzentriert, die Gläubigen mögen in der Nachfolge Jesu Christi umkehren und ihr Verhalten ändern. Er sagt uns aufs Neue: „Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Mt 16,24). Am Ende dieser festlichen Eucharistiefeier erteile ich allen Anwesenden, wie auch allen übrigen Mitgliedern dieser Pfarrei den Apostolischen Segen, was ein tiefes Zeichen der Einheit mit dem Nachfolger des Heiligen Petrus ist, der, wie wir im Evangelium gehört haben, einer der Zeugen der Verklärung Jesus Christi war.

2. Die Bedeutung der Verklärung

Liebe Schwestern und Brüder, im heutigen Evangelium beschreibt der Heilige Lukas das Geschehen der Verklärung. Sie findet etwa acht Tage nachdem Simon Petrus bekannt hat, daß Jesus der „Christus Gottes“ ist, statt, und nachdem Jesus auch zum ersten Mal sein Leiden angekündigt hat: „Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tage auferweckt werden“ (Lk 9,22). Die beiden Ereignisse sind miteinander verbunden. Mit der Verklärung wollte Jesus Christus den ausgewählten Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes seine göttliche Natur, die in seiner menschlichen verborgen war, offenbaren. Außerdem wollte er ihren Glauben stärken, vor allem mit Blick auf seine Passion und seinen Tod in Jerusalem, wohin sie unterwegs waren. Davon sprach Jesus auch mit Mose und Elija, die das Alte Testament, die Patriarchen und die Propheten repräsentieren. Sie „sprachen von seinem Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte“ (Lk 9,31). Daher ist das Opfer Jesu, sein Tod am Holze des Kreuzes, nicht das Ergebnis ungünstiger Umstände oder ein Zufall oder Schicksal. Es geschieht in freier Entscheidung des Herrn Jesus und ist in der Heilsgeschichte nach dem Zeugnis der Schrift, die von den großen Persönlichkeiten Moses und Elija repräsentiert wird, vorbereitet. Das bezeugt vor allem die Stimme Gottvaters, die aus einer Wolke zu allen spricht: „Dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören“ (Lk 9,35). Der Vater versichert, daß der von Seinem Eingeborenen Sohn eingeschlagene Weg mit dem Heilswillen, dem Heilsprojekt des dreieinen Gottes übereinstimmt. Deshalb sollen die Jünger auf Jesus hören und das in die Tat umsetzen, was er lehrt.

Die Beschreibung des erhabenen Ereignisses der Verklärung geschieht mit den begrenzten menschlichen Mitteln, mit einer Auffassung von Schönheit durch die Symbole von Licht und Farbe: „Sein (Jesu) Gewand wurde leuchtend weiß“ (Lk 9,29). Um besser die Bedeutung der Verherrlichung Jesu zu verstehen, die in der Verklärung vorweggenommen wird, helfen uns seine mahnenden Worte an die Jünger, keinem etwas zu erzählen „bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei“ (Mk 9,9). Der Herr selbst lenkt uns in diese Richtung, vor allem wenn er vor seiner Passion betet: „Jetzt verherrliche du mich, Vater, bei dir mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, bevor die Welt war“ (Joh 17,5). In der Fleischwerdung ist Jesus wahrhaft Mensch geworden, bleibt aber Gott, auch wenn das normalerweise nicht in seiner Menschlichkeit sichtbar wurde, denn er lebte als Mensch unter der Bedingung der Entäußerung, der κένωσις (vgl. Phil 2,7).

3. Die Bedeutung der Verklärung für uns

Der Apostel Petrus hat vorgeschlagen: „Meister, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija“ (Lk 9,33). Er war so eingenommen von der herrlichen Schau, so daß er sie verlängern wollte. Das aber stand nicht in Einklang mit dem Vorhaben Gottes, wonach sie mit Jesus vom Berg hinabsteigen mussten, um ihm nach Jerusalem zu folgen, wo sie Zeugen seines Todes und seiner Auferstehung werden sollten.

In der zweiten Lesung aus dem Philipperbrief schreibt der Heilige Paulus: „Unsere Heimat ist im Himmel. Von dorther erwarten wir auch Jesus Christus, den Herrn, als Retter, der unseren armseligen Leib verwandeln wird in die Gestalt seines verherrlichten Leibes, in der Kraft, mit der er sich auch alles unterwerfen kann“ (Phil 3,20-21). Diese Verwandlung geschieht bereits in dieser Welt, wie uns die Heiligen zeigen. Mit der Hilfe der Gnade des Heiligen Geistes kämpfen sie gegen die Versuchungen und besiegen sie vereint mit dem Herrn Jesus (vgl. Lk 4,1-13). Der Widerschein der Herrlichkeit Gottes wird auch durch ihre Personen reflektiert, auch mittels ihrer Körper, die immer mehr in den Leib Jesu Christi umgestaltet werden. Nun ist es aber wichtig, daran zu erinnern, daß wir alle zur Heiligkeit berufen sind, was bedeutet, daß Gott mit unserer Hilfe jeden von uns nach dem Bild seines verherrlichten Leibes umgestalten will. Das wird in Fülle im Himmel geschehen, in der Herrlichkeit der seligmachenden Anschauung. Aber schon während der Pilgerschaft auf dieser Erde können wir in gewisser Weise diese Umgestaltung vorwegnehmen durch ein authentisches christliches Leben. An erster Stelle durch das Gebet. Jesus Christus hat sich zum Gebet auf einen Berg zurückgezogen. Mittels des Gebetes wurde er verwandelt und die Jünger nahmen an diesem großartigen Ereignis teil. Das Gebet hilft uns, die Herzen und den Geist für Gott zu öffnen, aufmerksam sein Wort zu hören, lebendig die Sakramente der Katholischen Kirche zu feiern, besonders die Eucharistie. In dieser Fastenzeit ist es auch angeraten, die Bedeutung des Bußsakramentes erneut zu entdecken, um den alten Menschen abzulegen, den sündigen Menschen, und die Gnade der Vergebung und die so nötige Unterstützung auf dem Weg zur Heiligkeit zu erlangen, was die beste Weise der Vorbereitung auf das Hohe Osterfest ist. Auf diese Weise wird unser Leben Stück für Stück verwandelt auf das Ideal hin, das der Heilige Paulus beschreibt: „Ich bin mit Christus gekreuzigt worden. Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir“ (Gal 2,19-20).

Liebe Brüder und Schwestern, um diese christliche Berufung verwirklichen zu können, vertrauen wir uns der Fürsprache der Gottesmutter Maria an, die ihr mit dem schönen Namen Königin des Rosenkranzes anruft. Wenn der Christ oft den Rosenkranz betet, werden die grundlegenden Geheimnisse des Lebens Jesu Christi lebendig, besonders in der Teilnahme an seiner Passion und seinem Tod, in der Vorausahnung der Freude über die Auferstehung und die glorreichen Geheinisse. Maria, die Mutter Jesu und Mutter der Kirche, möge allen Christen helfen, besonders den Angehörigen dieser Pfarrei, auf daß sie im Glauben die Worte Gottvaters annehmen: „Dieser ist mein auserwählter Sohn“ und in die Tat umsetzen: „Auf ihn sollt ihr hören!“. Dies ist und bleibt das Programm eines christlichen Lebens. Amen.

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