Predigt von Nuntius Eterovic am Feier seines Silbernen Bischofsjubiläums in der Nuntiatur

Apostolische Nuntiatur, 13. Juli 2024

(Apg 4,8-12; Ps 118; Mk 12,1-12)

Feier des Silbernen Bischofsjubiläums

„Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden“ (Mk 12,10).

Liebe Schwestern und Brüder!

Der verworfene Stein, der durch die göttliche Vorsehung zum Eckstein geworden ist, bildet den Rahmen, der in den beiden Lesungen der heutigen Eucharistiefeier vorkommt, einmal in der Lesung aus der Apostelgeschichte und sodann im Abschnitt aus dem Markusevangelium. Doch man findet dieses Bild auch in anderen Büchern der Heiligen Schrift, so im Ersten Petrusbrief, wo die Christen aufgefordert werden: „Kommt zu ihm, dem lebendigen Stein, der von den Menschen verworfen, aber von Gott auserwählt und geehrt worden ist! Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (1 Petr 2,4-5). Auch der heilige Paulus verwendet den Begriff: „Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde und ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Eckstein ist Christus Jesus selbst. In ihm wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn. Durch ihn werdet auch ihr zu einer Wohnung Gottes im Geist miterbaut“ (Eph 2,19-22). Ursprünglich wird in Psalm 118 vom Stein als Eckstein gesprochen, wenn der inspirierte Autor schreibt: „Ein Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist zum Eckstein geworden. Vom Herrn her ist dies gewirkt, ein Wunder in unseren Augen“ (Ps 118,22-23). Der Text fährt fort mit dem bekannten Lobpreis, der vor allem in der Osterzeit verwendet wird: „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; wir wollen jubeln und uns über ihn freuen“ (Ps 118,24). Liebe Brüder und Schwestern, wie Ihr Euch denken könnt, haben mich diese biblischen Worte inspiriert bei der Wahl meines bischöflichen Wahlspruchs, der lautet: Caput angeli Christus. Der Eckstein ist Christus. Man kann hierin einen biographischen Bezug sehen, denn ich bin in Pučišća aufgewachsen, einem Ort, wo die Menschen seit Jahrhunderten von der Verarbeitung von Marmor oder allgemein von der Arbeit mit Steinen leben. Doch der Wahlspruch zeigt auch meine theologische und geistliche Überzeugung über die zentrale Bedeutung des Herrn Jesus Christus, des Sohnes Gottes und des Menschensohnes, in Kirche und Welt, der als einziger auch heute einem jeden von uns sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 16,4). Mit der Stimme des Petrus, der vom Heiligen Geist erleuchtet war, versichert die Kirche: „Und in keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“ (Apg 4,12). Das rätselhafte Bild vom verworfenen Stein im Alten Testament wird in der Person und dem Werk Jesu Christi vollständig offenbar.

Mit erneuertem Glauben an den Herrn Jesus, den Eckstein, möchte auch ich gemeinsam mit Euch, Brüder und Schwestern, den dreieinen Gott mit den Worten des Psalmisten preisen: „Dies ist der Tag, den der Herr gemacht hat; wir wollen jubeln und uns über ihn freuen“ (Ps 118,24).

Danke an Gott, den Vater, Sohn und Heiligen Geist für alle Gaben, die ich während der fünfundzwanzig Jahre meines Episkopates empfangen habe - nicht nur für mich, sondern auch für die Menschen, denen ich im Lauf meines kirchlichen Dienstes in Ukraine, als Generalsekretär der Bischofssynode und aktuell in Deutschland begegnet bin. Der Herr Jesus lehrt uns: „So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan“ (Lk 17,10). Daher antworte ich auf all das Gute, das der dreieine Gott durch mich in diesen fünfundzwanzig Jahren wirken wollte, mit dem bekannten Lobpreis: „Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen“.

Bei dieser christlichen Betrachtungsweise muss man die eigenen Grenzen anerkennen, wie auch die Unterlassungen oder gar Sünden, für die man bei Gott und bei den Brüdern und Schwestern um Vergebung bittet. Dies tue ich mit einem Satz des heiligen Paulus: „Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt“ (2 Kor 12,9).

Zusammen mit der Bitte um Vergebung möchte ich Euch von Herzen für die fruchtbare Zusammenarbeit im Dienst der heiligen Kirche Gottes in der Apostolischen Nuntiatur zu Berlin danken. Durch Euch, liebe Brüder und Schwestern, erinnere ich der anderen Personen, die mit mir „die Last des Tages und die Hitze ertragen haben“ (Mt 20,12), sei es in Ukraine während der fast fünf Jahre oder im Sekretariat der Bischofssynode über annähernd zehn Jahre und der bald elf Jahre in Deutschland. Ohne Euch, ohne Eure Hingabe, den Fleiß und die Ausdauer hätte ich nicht in genügender Weise diesen so wichtigen und oft heiklen Dienst ausüben können, der für die Einheit der Kirche so wichtig ist.

Einige der Mitarbeiter sind schon in das andere Leben hinübergegangen. In dieser Heiligen Messe erinnere ich ihrer in besonderer Weise, damit der gute und barmherzige Gott sie in sein Reich des Friedens, des Lichtes und des ewigen Lebens aufnehmen möge.

Die Besonderheit eines Apostolischen Nuntius besteht in der Vertretung des Heiligen Vaters, der ihn ernennt und in ein bestimmtes Land entsendet oder ihm einen besonderen Dienst anvertraut. Daher muss er dem Papst dienen, indem er Ihn und den Heiligen Stuhl über die Wirklichkeit einer Teilkirche und die Beziehungen zu den Autoritäten in Politik und Gesellschaft unterrichtet. Im Verlauf der letzten fünfundzwanzig Jahre hatte ich die Ehre, drei Päpsten zu dienen. Die göttliche Vorsehung hat es gefügt, dass es sich um außergewöhnliche Päpste handelte.

Papst Johannes Paul II. wurde heiliggesprochen. Er hat mich im Jahr 1999 zum Apostolischen Nuntius in Ukraine und im Jahr 2004 zum Generalsekretär der Bischofssynode ernannt. Es war mir eine Freude, seine Apostolische Reise vom 23. bis 27 Juni 2001 in Ukraine, nach Kyiv und Lwiw zu organisieren.

Mit Papst Benedikt XVI. habe ich vor allem in der Bischofssynode während seines gesamten Pontifikates gearbeitet. Unter der weisen Führung eines Theologen-Papstes habe ich drei Vollversammlungen der Bischofssynode über zentrale Fragen organisiert: über die Eucharistie im Jahr 2005, das Wort Gottes im Jahr 2008 und die neue Evangelisierung 2012. Darüber hinaus habe ich an zwei Sonderversammlungen teilgenommen, nämlich an der zweiten Versammlung für Afrika im Jahr 2009 und jener für den Nahen Osten im Jahr 2010.

Nach einer Mitarbeit von sechs Monaten im Sekretariat der Bischofssynode hat mich der Heilige Vater Franziskus, der für seinen pastoralen Eifer bekannt ist, als sein Vertreter nach Deutschland geschickt, wo ich mittlerweile fast elf Jahre tätig bin. Wie ihr selbst aus eigener Erfahrung wisst, ist Deutschland mit seinen verschlungenen Pfaden ein theologisches und kirchliches Laboratorium. Wir beten darum, dass der Heilige Geist alle Akteure erleuchte, vor allem die Bischöfe, damit sie fest verankert bleiben am Fels der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche und vereint mit dem Bischof von Rom und Hirten der Universalkirche. Hier gilt ein bekanntes Wort, das auch der heilige Papst Johannes XXIII. in seiner ersten Enzyklika Ad Petri Cathedram vom 29. Juni 1959 aufgegriffen hat: „In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas. - In den notwendigen Dingen herrsche Einheit, in zweifelhaften Freiheit, in allen die Liebe“.

Liebe Brüder und Schwestern, wir vertrauen nicht nur unsere Gedanken und unseren Dank, sondern unser ganzes Leben in Gegenwart und Zukunft der mächtigen Fürsprache der seligen Jungfrau Maria an, der Mutter der Kirche, auf dass sie uns zu ihrem Sohn und Gott Jesus Christus führe. Er ist es, von dem es heißt: „Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, er ist zum Eckstein geworden“ (Mk 12,10). Er möge die Danksagung zu diesem Jubiläum annehmen und alle Menschen, denen ich im Laufe meines kirchlichen Lebens begegnet bin, segnen + im Namen des Vaters + und des Sohnes + und des Heiligen Geistes. Amen.

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